Kapitulation

Kapitulation, so heißt das neue Album der Band Tocotronic, welches am 6. Juli 2007 erschienen ist. Dieses habe ich ganz brav auf Compact Disc in einem Laden erworben und erhielt als Geschenk dazu das oben abgebildete T-Shirt.

Gestern hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, dieses Kleidungsstück zum ersten Mal in der Öffentlichkeit auszuführen und wurde von mindestens fünf Leuten gefragt, was es damit auf sich habe. Offensichtlich ließ der Aufdruck zahlreiche Interpretationsmöglichkeiten zu. Daher an dieser Stelle in aller Deutlichkeit:

„Nein, ich habe am 6. Juli 2007 nicht geheiratet.“

Es ist einfach Rockmusik.

Warteschlangengeschichten Teil 7

Rolltreppe

An meiner heimischen U-Bahn-Station gibt es eine neue Errungenschaft: Eine Rolltreppe, die ihre Richtung wechselt. Nicht, dass es so wäre, dass, wenn man gerade auf ihr stünde und sich nach oben befördern ließe, die Fahrtreppe eigenmächtig, sobald man sich auf der Hälfte des Weges befände, dazu entschlösse, den Fahrgast wieder zu seinem Ausgangspunkt, an den Fuß der Treppe, zu befördern. Nein, die Sache stellt sich viel schlichter dar. Ab 10 Uhr, sobald auch der verschlafenste Berufspendler seine Arbeitsstätte erreicht hat, und die Treppe ohnehin den größten Teil des Tages unbenutzt und hoffnungsfroh auf den nächsten Bahnfahrer wartet, den sie seinem Ziel ein kleines Stückchen näher bringen könnte, wandelt sich diese auf den ersten Blick ganz gewöhnliche Rolltreppe zu einem Lehrstück in Sachen künstliche Intelligenz, in Fachkreisen auch als KI bekannt. Nähert sich ihr jemand von oben und löst damit eine Lichtschranke aus, so befördert die Fahrtreppe diese Person nach unten und verfällt danach wieder in ihren gewohnten Ruhezustand. Dasselbe geschieht, wenn sich ihr jemand von unten nähert. Sobald der Fahrgast die Lichtschranke am unteren Ende passiert, fährt die Treppe nach oben. Eigentlich ein ganz einfaches Prinzip, so man es denn verinnerlicht hat.

Wendy-Boy

Alles Glück der Erde
liegt auf dem Rücken der Pferde.
(aus einem Poesiealbum)

Wenn es zwei Dinge gab, die ich in meinem Leben als Grundschüler nicht sonderlich geschätzt habe, so waren es Poesiealben und die Freizeitgestaltung meines damals besten Freundes Lars (*).

Ständig überreichten einem doofe Mädchen – andere gab es damals noch nicht – ihre rosafarbenen Büchlein, in denen man sich als Zeichen der eigentlich gar nicht vorhandenen Freundschaft auf der jeweils rechten Seite mit einem Sinnspruch verewigen sollte. Die jeweils linke Seite ließ Raum für gestalterische Freiheiten in Form von Glanz- und Glitzerbildchen, Scherenschnitten oder ganz banalen Stickern, die es mit Bedacht einzukleben galt, ohne die Seiten mit Klebstoff zu verschandeln. Wer über ausreichend Begabung verfügte, konnte auch seine Buntstifte zum Einsatz bringen. Mir war das alles eine Qual. Oft schleppte ich das Büchlein wochenlang in meinem Schulranzen herum, bevor ich mich dazu durchringen konnte, ein paar Linien mit dem Bleistift zu ziehen und in schönster Handschrift einen Spruch zu kopieren, den ich einige Seiten zuvor erspäht hatte. Den besonders doofen Mädchen gab ich schließlich, nachdem die Rückgabe mehrfach angemahnt wurde, das Album einfach unbearbeitet zurück.

Bördelgeschichte

Gibt es Geschichten, die niemanden interessieren? Keine Angst, dies ist nicht eine solche, sondern lediglich eine Geschichte über Geschichten, die niemanden interessieren.

Ein Freund hatte in seiner Jugend einen Nachbarn. Dieser Nachbar war seines Zeichens Diplom-Ingenieur. Das Berufsbild des Ingenieurs ist bekanntlich gekennzeichnet durch die systematische Aneignung, Beherrschung und Anwendung von wissenschaftlich-theoretisch fundierten und empirisch gesicherten technischen Erkenntnissen und Methoden, wovon sich mein Freund eines Tages völlig unvermittelt überzeugen lassen musste, als er seinen Nachbarn zufällig auf der Straße traf. Die für ihn günstige Gelegenheit packte der technische Gelehrte spornstreichs beim Schopfe, um meinem Freund ausführlichst einen Überblick über sein Fachgebiet, die hohe Kunst des Bördelns, zu geben.

Vereinfacht dargestellt bezeichnet man als Bördeln das rechtwinklige Aufbiegen des Randes ovaler oder runder Bleche unter Zuhilfenahme einer Bördelmaschine oder von Hand. Der Ingenieur wäre nun kein Ingenieur, könnte er diese Erkenntnis für jedermann klar verständlich in zwei bis drei kurzen Sätzen abhandeln.