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Herbst

Herbst
Photo: lady-kinkling

Der Herbst, das sind doch nur ein paar Wochen des Übergangs zwischen Sommer und Winter, nichts weiter. Was soll man über ihn schon großartig schreiben? Manchmal ist es kalt, manchmal nass und manchmal stürmisch. Manchmal ist es kalt und nass, manchmal ist es kalt und stürmisch, machmal ist es nass und stürmisch, meistens ist es aber kalt, nass und stürmisch.

Die Baumkronen lichten sich zunehmend, und statt lieblichem Geträller der Singvögel, die nun allesamt gen Süden umgezogen sind, weckt einen das aufdringliche Geräusch des Nachbars Laubharke. Sorgsam schiebt er in aller Frühe den gelb-braun schimmernden Baumabfall zu kleinen Hügeln zusammen, die zwangsläufig vom nächsten Luftzug auf die Straße geweht werden, um dort die Bremswege der vorbeifahrenden Kraftfahrzeuge noch weiter zu verlängern, als es das direkt auf die Straße gefallene Blattwerk ohnehin schon tut. Die Zahl der Verkehrstoten lässt dies in ungeahnte Höhen schießen, wovon der Nachbar natürlich nichts ahnt, während er seine Kräuterteemischung zubereitet, obwohl er eigentlich lieber Kaffee trinkt — aber es ist ja Herbst, und da trinkt man nun einmal Tee, obwohl man gar nicht ernsthaft krank ist. Schließlich meint er es nur gut und will die sich auf dem Trottoir bewegenden Fußgänger vor Hals und Beinbruch bewahren. Mit sich und der Welt im Reinen gibt er noch etwas Kandis in den Tee und rührt bedächtig in der Tasse herum, bis sich dieser vollständig auflöst.

Seine Frau sitzt währenddessen in der Badewanne und nimmt ein Erkältungsbad. Bei ihr entfaltet der Tee leider nicht die gewünschte Wirkung, stellt sie fest, während sie lautstark in ihr Badewasser niest. Sehr wohl allerdings entfalten sich indes auch in diesem Jahr die zu dieser Jahreszeit typischen Herbstdepressionen — nicht zuletzt wegen der vielen Verkehrstoten vor ihrer Haustür.

Zum Glück ist ihr Psychiater ein kluger Mann. Er setzt nicht allein auf die Errungenschaften der modernen Pharmazieforschung, sondern empfiehlt — gerade in den dunklen Monaten — auf die stimmungsaufhellende Kraft des Sonnenlichts zu setzen. Einen Mallorcaurlaub aber kann sich das Paar gerade nicht leisten. Die Rechnungen des Psychiaters sind hoch und auch die steigenden Preise für Kräutertees und Erkältungsbäder reißen immer größere Löcher in die Haushaltskasse.

So entscheidet sich die Frau kurzerhand für den Besuch eines Solariums. Nur so ab und zu kann das sicher nicht schaden, denkt sich die Frau, bevor sie das Bräunungsstudio betritt. Als sie es zehn Minuten später mit Verbrennungen vierten Grades am gesamten Körper wieder verlässt, ändert sich ihre Meinung schlagartig. Sie kann nicht ahnen, dass der mit der Reparatur der Sonnenbank beauftragte Kundendiensttechniker auf dem Weg zu seinem letzten Einsatzort — ausgerechnet direkt vor ihrer eigenen Haustür — Opfer eines tragischen Verkehrsunfalls wurde.

Gleichzeitig und von all dem noch nichts ahnend, kippt ihr Mann angewidert den letzten Schluck Tee in den Ausguss, denn bekanntlich trinkt er viel lieber Bohnenkaffee, und was soll er auch Tee trinken, obwohl er gar nicht krank ist, nur weil der Kalender gerade Herbst anzeigt. Er freut sich schon auf den Winter, denn dann muss er endlich kein Laub mehr harken, sondern kann endlich seiner wahren Leidenschaft, dem Schneeschippen nachgehen.

“Und darüber soll ich schreiben?” denke ich. Nein, der Herbst ist keine Zeile wert.

17 Antworten auf „Herbst“

Sehr schön! :) Ich hätte da auch noch was beizutragen, das aber nicht von mir ist und bitte mit schlesischem Akzent („Hörpst“) vorgetragen werden möchte:

Herbst
Wenn Du und das Laub wird älter
und du merkst, die Luft wird kälter
und du fiehlst, daß Du bald sterbst
dann is Herbst

Gut, dass Sie doch über den Herbst geschrieben haben, Herr Bosch, und dass Sie das wunderschöne Foto, aufgenommen von Lady Kinkling, mit uns teilen.

Ich mag übrigens gar keinen Tee, weder im Herbst, noch sonst irgendwann, sondern trinke immer – wie ihn sich der oben beschriebene Nachbar offensichtlich gern auch außerhalb des Herbstes gönnt – Kaffee, das ganze Jahr über.

Naja, die 3 Wochen konnte man doch wohl verkraften!
Tee finde ich übrings super. Richtig gemütlich Sonntags in Ruhe ein wenig Tee zu schlürfen.

Der Herbst ist einfach die schönste Jahreszeit!
Wann kann man sonst solch atemberaubende Farbspiele sehen und den Duft von Laub riechen?
Ich liebe den Herbst durch und durch und warte bereits jetzt schon wieder auf den Nächsten.

Der Herbst ist meiner Ansicht nach, die schönste
Jahreszeit. Denn ab jetzt freut man sich auf die
Abende am Kamin mit einem Gläschen Tee. Auch die
stundenlangen Spaziergänge durch die wunderschönen
Wälder, die num in allen erdenklichen Farben
schimmern, sind traumhaft schön.

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