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Berlin

Trost und Zuspruch – 2 Mark

Dieses verdammte Mitte. Alles ist irgendwie ironisch und zeitlich befristet: Galerien, Bars, Beziehungen. Im Anschluss an die Weihnachtsfeier ist man sich einig, einen dieser neuen angesagten Orte aufzusuchen. Die Bar, deren Namen natürlich nicht an der Tür steht, befindet sich nur wenige hundert Meter von uns entfernt. Die Damen tragen zu hohe Schuhe und drängen deshalb darauf, ein Taxi zu nehmen. Die Herren gehen den kurzen Weg durch Eis und Schnee zu Fuß und erreichten das Ziel zuerst: Trust. Draußen: Warteschlange und Türsteher. Drinnen: Überfüllung und Wodka aus Flaschen, kein Bier, niemals.

Den Damen gefällt es hier trotzdem, wir ziehen ohne sie weiter, was sich rächen soll: In die Neue Odessa Bar will man uns nicht hineinlassen, weil wir Penisse haben. Wir arrangieren uns mit unserem unpassenden Chromosomensatz, verfluchen aber diese Bar und ziehen erneut weiter, wieder durch Schnee und Kälte und mit der Hoffnung, dass unser Unterwegsbier nicht in der Flasche gefriert.

Torstraße/Ecke Ackerstraße: Muschi Obermaier. Über dem Eingang die Worte „Trost und Zuspruch – zwei Mark“ und weil ich das gerade nötig habe, hoffe ich zum ersten Mal ganz still auf eine Abkehr vom Euro. Der Türsteher winkt mich, noch immer mein halbes Unterwegsbier in der Hand haltend, mit größtmöglicher Gelassenheit und den Worten „na wegen einem mitgebrachten Bier wollen wir hier mal nicht rumflennen“ durch. Der Plattenaufleger spielt bevorzugt Musik der 80er Jahre: Talk Talk, U2 und Simply Red. Die 80er waren musikalisch schlimm, denke ich. Die 70er, 90er und 0er ebenfalls. Und auch sonst. Wir stehen herum, trinken gutes bayerisches Bier aus etwas ungelenk geformten Halbliterflaschen; ab und zu auch einen Schnaps. Ich bitte meine Begleitung um Sambuca, bekomme aber ein Gläschen ohne Kaffeebohnen. Sambuca ohne Kaffeebohnen ist meistens Wodka, und so war es dann auch. Wir sprechen über Städte: Hamburg, Berlin und die Provinz. „Der Ort ist nicht das Ding, das du verlässt. Der Scheiß ist in dir“, sagt einer und wir prosten einander zu. Ein Blick in die Runde verrät mir, dass hier ein Vollbart längst nicht mehr reicht. Ich brauche dringend einen Hut. Den Weg nach Hause lege ich taumelnd zurück. Ach, Mitte.

17 Antworten auf „Trost und Zuspruch – 2 Mark“

Nun mal ganz erlich,
ich lesen diesen Blog nun seit 6-7 Monaten, und habe mich eigentlich immer gut unterhalten gefühlt. Doch die letzten Wochen…
Also wenn ich mir die letzten Blogposts ansehe und ich rückblickend über die Inhalte nachdenke, dann wandelt sich dieser Blog mit der Zeit langsam aber sicher in einen Depressiven-Emo-Blog.
Nehmen Sie sich doch einfach mal ein wenig Urlaub oder versuchen Sie sich in der Weinachtszeit ein wenig zu besinnen.
Ich hoffe sie finden zu ihrer alten Klasse zurück, denn derzeit ist dieser Blog für mich weder lesenwert noch unterhaltsam.
MfG

@Paul Nun mal ganz ehrlich: Die Welt braucht keine „Es ist alles so toll und niemand muss diese Welt noch verändern, da sie so toll ist“ Blogs. Wenn einen was nervt, darf man das gerne kundtun. Dies kann gerne mit weniger gejammer, dafür aber mit mehr Fakten geschehen, aber wer was positives braucht, darf gerne in die Kirche gehen.

@paul ihre überheblichkeit ist kaum zu überbieten. dieses blog spiegelt ein leben oder zumindest die teile die mit der welt geteilt werden sollen. ihre unterhaltung ist bestenfalls ein nebenaspekt.

Ich lese heute hier zum ersten Mal hier mit und kann nicht beurteilen, ob der @paul jetzt allenfalls Recht haben könnte. Mich hat der Text ein bisschen traurig gemacht. So wie wenn man Weihnachten ganz allein verbringt, obwohl man viel lieber in Gesellschaft wäre, und niemanden hat, dem man was schenken möchte oder den man jetzt anrufen könnte, und auch keinen Baum, weil sich das für einen allein eh nicht lohnt, nicht einmal ein Bäumchen, und man keine Weihnachtsmusik hören mag, weil man davon einen Kloss im Hals kriegt, weil man es so gerne anders hätte, als es momentan ist, das Leben, ganz besonders an Weihnachten. Trostlos, irgendwie.

Das klang gestern Abend nicht unbedingt so. ;-)

Ich bin am Heiligabend übrigens gern allein, weil dann sichergestellt ist, dass ich definitiv nichts Weihnachtliches um mich herum habe. ;-)

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