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Abgrillen

Gartenstühle

Spät im Herbst, wenn die Tage schon kurz sind, pflegen die Russen aus dem Vorderhaus die Tradition des Abgrillens. Bis spät in die Nacht hinein sitzen sie trotz großer Kälte beisammen und garen zum letzten Mal in diesem Jahr Fleisch über glühenden Kohlen. Die Frau singt, alle klatschen, lachen, trinken Wodka.

Eingehüllt in Decken liegen wir nahe dem offenen Fenster und hören den Russen im Innenhof zu. Der Geruch von verkohltem Fleisch dringt zu uns herein, aber die Frau singt zu anrührend, als dass wir das Fenster schließen möchten. Die Frau kennt viele Lieder. Die Lieder, die sie singt, kennen wir nicht, wir verstehen sie nicht. Sie könnten von der Liebe oder von der Heimat handeln, vermutlich handeln sie von beidem. Wir warten auf Kalinka, aber Kalinka kommt nicht. Wir möchten Wodka trinken, aber wir haben keinen Wodka.

7 Antworten auf „Abgrillen“

Vom Feiern verstehen die eine Menge! Einer der raren Höhepunkt meines NVA-Intermezzos waren die Einladungen bei den „Freunden“ (Gardepanzer- und Luftlandetruppen, großartige Soldaten). „Sto gramm“, Salami mit Senf und Pfeffer, feuchtfröhliche Weisen zur Balalaika mit hundert Strophen, während wir in höchster Not „Sah ein Knab‘ ein Röslein stehn“ zusammenstümperten.
Viele von denen sind wenig später in Afghanistan gefallen…

Jaja, der Opa erzählt vom Krieg, sorry.

Würden wir so etwas mögen, wenn es von „uns“ käme? Mögen wir es nur, weil es anders ist?

Generell ist es schön, die Kultur von anderen Völkern kennen zu lernen.

Warum ist das so?

@ FF Das gleiche hat meine Omi, (sie stammte aus Waldmünchen und lebte in Alexandria) auch von den Iren erzählt. Sie sangen „when irish eyes are smiling“. Das war auch im Krieg. Es waren ihre schönsten Erinnerungen vom Krieg.

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