Noch immer etwas niedergeschlagen von der Busfahrt, betrat Utz das kleine Kaffeehaus. Bis zum Beginn der Vorstandssitzung blieb ihm noch fast eine Stunde Zeit, und so bestellte er noch ein Kännchen Knollenblätterpilztee zu der von ihm so geliebten Kohlrabitorte. Eigentlich wollte er an diesem Ort nur noch ein wenig meditieren und ein unverständliches Mantra vor sich hinmurmeln, wie er es immer tat, wenn er in diesem Café saß und die Zeit bis zum Beginn der Vorstandssitzung des Vereins zur Pflege der Schirmmützenkultur Deutschlands e. V. überbrücken musste.
Am Tisch neben Utz saßen zwei übermäßig aufgetakelte Grundschullehrerinnen, deren Schüler ihm sofort leid taten. Jeden Tag mehrere Stunden im Dunstkreis einer brechreizauslösenden Parfümwolke zu verbringen, fördert sicher nicht das Lernverhalten von Erstklässlern, dachte Utz, während er genüsslich in seine Kohlrabitorte biss. Wie er dem unüberhörbaren Geschnatter seiner Tischnachbarinnen entnehmen konnte, sammelte ein vermutlich längst erstickter Lebensgefährte der einen Grundschullehrerin mit großem Eifer Yps-Hefte. Daraufhin die zweite: „Waren das nicht diese Comics mit diesen Extras?“ – „Ja, da gab es immer so merkwürdige Beilagen„, erwiderte daraufhin die erste, „Urzeitkrebse und so’n Zeug.“ Es folgte eine gleichermaßen detaillierte wie angewiderte Analyse der Sinnhaftigkeit der Comiczugaben, in deren Verlauf immerzu von „Beilagen“ und „Extras“ die Rede war. Utz war in seiner nicht immer glücklichen Kindheit selbst ein leidenschaftlicher Yps-Leser gewesen. Die Tage, an denen ein neues Heft erschien, waren stets seine glücklichsten. Außerdem verspürte er nicht zuletzt wegen des prägnanten Namens eine gewisse Sympathie für den gezeichneten Protagonisten der Urzeitkrebsfachzeitschrift. Angesichts des fortschreitenden Grundschullehrerinnendilettantismus, welcher sich nun nicht nur auf Urzeitkrebse, sondern schließlich auch noch auf Geld-Zauber-Maschinen, Blasrohrpistolen, Kompressionsraketen und Pupskissen sowie viele weitere „Beilagen“ und „Extras“ erstreckte, konnte Utz plötzlich nicht mehr innehalten. Unvermittelt sprang er auf und schrie, so laut er konnte, in die Parfümwolke: „Es heißt Gimmick, verdammt nochmal!“ und verließ umgehend und ohne zu bezahlen das Kaffeehaus.
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Umfrage: So ein Fortsetzungsroman macht mal mehr und mal weniger her.
Es liegt in Eurer Hand: soll Utz leben oder sterben? Eure Antwort bitte in die
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9 Antworten auf „Utz, Kapitel 4: Kaffeehauspsychose“
mir ist heute so dramatisch zumute. ich sage: tod!
weitermachen. ausserdem hätte ich gern ein Betritssformular für den Verein zur Pflege der Schirmmützenkultur Deutschlands e. V.
Leben. Die beiden Grundschullehrerinnen können dagegen gerne einen tragischen Tod finden.
Nicht sterben lassen!
Den Namen Utz find ich zwar ein bisschen komisch, aber ich mag den Typen!
Mein Daumen geht nach oben. Leben! Aber erst mal mit Vorbehalt…
Er muß ja nicht gleich sterben. Er könnte auch weggesperrt werden …
Leben ja. Aber eine dramatische Verwicklung, bei der es um nahe Verwandte oder Verschwägerte der hübscheren der beiden Grundschullehrerinnen geht, wäre schön. Außerdem wünsche ich mir etwas über die individuelle Verträglichkeit von Knollenblätterpilz-Aufguß; Stechapfel ginge auch noch.
Leben.
Und was Yps betraf: na_tür_lich hatte auch der Winkelsen ein indirektes Abo; indirekt, weil es nicht direkt vom Verlag, sondern aus Muddis Einkaufstüte geliefert wurde.
Ich erinnere mich an die Antwort auf einen Leserbrief an die Yps, warum die Zeitschrift denn ausgerechnet „Yps“ heißen würde. Die Redaktion gab zu verstehen, dass einer der Mitarbeiter im Rahmen der Namensfindung auf einer Sitzung wohl hätte aufstoßen müssen; und das klang „YPS!“. Ich lachte mich schlapp. Bin heute übrigens immer noch ähnlich leicht zu begeistern. :)
Vielleicht kann man Utz alle paar Wochen/Monate mal rauslassen… rein aus Voyeurismus… ähem… ich meine Anteilnahme.