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Warenwelten #5: Der Luftzieh

Der Versuch des Kaufs einer Jacke kann einem den gesamten Tag verderben. Erst nach einer mehrstündigen erfolglosen Hatz durch die Innenstadt wird mir bewusst, dass dagegen der Einkauf in einer Discounterfiliale eine geradezu entspannende Wirkung entfalten kann. Berauscht von der erfreulichen Tatsache, dass wieder einmal eine streng limitierte Auflage der von mir so sehr geliebten Zartbitter-Duplos erhältlich ist, reihe ich mich mit der Gewissheit, dass dieser schaurige Einkaufstag doch noch ein gutes Ende nehmen könnte, in die Warteschlange ein.

Von der anderen Seite kommend, wendet sich plötzlich ein dicker, schwitzender Mann an die resolute Kassiererin und hält ihr eine Tüte geriebenen Käse vor die Nase. „Was ist damit?“, fragt die Kassiererin. „Schimmel“, antwortet der Mann. Die Kassiererin nimmt den Beutel in die Hand und betrachtet ihn kritisch von allen Seiten, bis sie dem Mann – wie aus der Pistole geschossen – das Ergebnis ihrer Untersuchung mitteilt: „Das ist der Luftzieh.“

Weder Google noch die Wikipedia kennen „den Luftzieh“, dabei ist sein Klang doch viel sympathischer als das Wort „Schadschimmel“.

14 Antworten auf „Warenwelten #5: Der Luftzieh“

Ich finde ja das Einkaufen in Discountern schon ätzend, schlechte Musik und angegammelte Waren, gereizte KassiererInnen und überteuerte Preise.

Das mit dem Käse hab ich auch schon mal erlebt das war eine komplette Kiste eingeschweißter Gouda die da lebte und das in dem Discounter mit dem großen A vorne, bei dem habe ich übrigens schon öfter auch Haustiere im Gemüse gefunden.

Luftzieh, was für ein geiles Wort.
Wortfindungsstörungen hatte der Mann an der Kasse ja nicht eher WortERFINDUNGSSTÖRUNGEN.

Super! Bitte noch mehr dieser Geschichten die das Leben schreibt.

LG
Holger

Nee, ich mag es auch, in Discountern einzukaufen. Spart ungemein Zeit, da die Auswahl i. d. R. nicht so gros ist wie in anderen Supermaerkten und alle Laeden einer Kette fast den selben Aufbau haben. Das die Kassiererinnen etwas genervt sind, duerfte aber auch zu einem grossen Teil an den Kunden liegen ;)

Luftzieh hat als Wortbildung morgensternsche Qualität! Vergleiche:

Er war voll Bildungshung, indes,
soviel er las
und Wissen aß,
er blieb zugleich ein Unverbeß,
ein Unver, sag ich, als Vergeß;
ein Sieb aus Glas,
ein Netz aus Gras,
ein Vielfraß
doch kein Haltefraß.

(aus: Christian Morgenstern, Galgenlieder)

Als ich mit so einer Tüte zum L.-Discounter zurückging, meinte der Mann im weißen Kittel. „Das ist wohl ein LuftziehER. Möchten Sie sich einen Neuen holen oder das Geld zurück?“ Also ein ganz normales zusammengesetzes Wort. Vakuum ist weg, Sporen kommen rein, Schimmel bildet sich.
P.S. Trotz der sehr kulanten Haltung bezüglich verdorbener Ware, liegen mir die Schäuble 2.0 Praktiken einiger spezieller Discounter noch immer schwer im Magen.

Zitat: „Der Versuch des Kaufs einer Jacke kann einem den gesamten Tag verderben.“
Du sprichst mir aus der seele. das geht mir übrigens bei den meisten einkäufen so. deshalb habe ich mir angewöhnt vor einem jede einkauf die frage zu beantworten „Brauche ich das überhaupt“. da ich mir (abgesehen vom essen) diese frage dann zu 90% mit nein beantworte, spare ich irsinnig viel geld und nochmehr zeit.

grusz
klm

Wahrscheinlich hat der gute Mann einfach nicht erkannt, dass diese Art von Käse ohne Luftzieh nicht diese Art von Käse wäre und damit um zwei Euro billiger und einfach fade und keine echte Marke, halt nur Käse irgendwie… aber kein Käse mit Luftzieh. Was gibt es doch für Banausen!

Ich fange an, das Wort zu mögen… mal gucken, was man noch „Luftzieh“ nennen kann? Das mit den bisweilen aus Hinterteilen entweichenden Gasen wäre durchaus eine Möglichkeit… Luftzieh klingt viel schöner als Fu… z!

ne leeve jrooß

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