Frohes Fest und guten Rutsch

Manchmal bin ich froh, dass meine schlimmsten Nachbarn direkt nebenan und nicht etwa gegenüber wohnen:

Dialoge heute

Ich steige aus der U-Bahn. Am Ausgang der Station kommen zwei schwarzgekleidete junge Damen mit Namensschildern, die sie als Missionare der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ aka Mormomen identifizieren, auf mich zu.

Dame 1: „Guten Tag. Wir möchten uns mit Ihnen über den Glauben unterhalten.“
Ich: „Das trifft sich gut.“
Dame 2: „Wir glauben an den heiligen Herrgott.“
Ich: „Ich glaube, dass mein Bus gleich abfährt.“
Dame 1: „Vielleicht können wir uns ein anderes Mal unterhalten?“
Ich: „Bestimmt, aber ich muss nun wirklich los. Tschüs.“

Während ich wenig später im Café sitzend darüber sinniere, ob ein abfahrender Bus wirklich wichtiger ist als ein Gespräch über Gott, gerate ich mitten in einen der gefürchteten Schichtwechsel.

Bedienung: „Wir haben Schichtwechsel. Du bist der letzte Tisch, der noch nicht abkassiert ist.“
Ich: „Ich bin gar kein Tisch. Ich bin ein Gast.“
Bedienung (wendet sich irritiert an ihre Kollegin): „Was ist denn auf dem Tisch?“
Ich: „Auf dem Tisch befindet sich eine Kaffeetasse und ein Glas Wasser.“

Ende.

Biréli Lagrène & Sylvain Luc in Hamburg


Biréli Lagrène und Sylvain Luc

Freitagabend im Rolf-Liebermann-Studio des Norddeutschen Rundfunks: Auf der Bühne: zwei Männer, zwei Gitarren; nichts weiter. Scheinbar unabhängig voneinander beginnen sie das Konzert; wie vereinzelte Schneeflocken rieseln die Töne in den Raum, und erst nach einigen Minuten klar, wohin die Reise geht. Das Thema von Bobby Hebbs‘ Sunny ertönt; im Laufe des Abends folgen weitere bekannte Melodien: Antonio Carlos Jobims Bossa Nova Wave sowie die Jazz-Standards All The Things You Are und Autumn Leaves werden gespielt. Zahlreiche – schon längst verbrauchte – Klassiker erklingen hier in wundervoll raffinierten, nie gehörten Arrangements. Technisch und musikalisch sind dem Duo keinerlei Grenzen gesetzt. Beide Gitarristen sind einander seit vielen Jahren vertraut, und leicht fällt es ihnen, auf ihren Duopartner spontan zu reagieren. Immer wieder entlocken sie ihren Akustikgitarren unvermutete Klangeffekte: mal wird aus dem Korpus ein Perkussionsinstrument, mal wird eine Saite während des Spiels geschickt zum Bass heruntergestimmt. Aus tausendmal gehörten Herbstblättern wird ein Tango, der sich sogleich in ein Menuett wandelt. Im Funk sind Biréli Lagrène und Sylvain Luc genauso zuhause wie im Blues. Natürlich dürfen auch einige der Eigenkompositionen ihres famosen 2002 erschienenem Album Duett nicht fehlen, bis sie schließlich ihren gefeierten Auftritt nach gut 75 Minuten mit Stevie Wonders Isn’t She Lovely beenden. Nur selten kann man auf der Gitarre Virtuosität und Musikalität so sehr vereint sehen wie an diesem Abend. Biréli und Silvain – ihr wart großartig; vielen Dank dafür.

Dann die Pause: Während das Abo-Publikum routiniert zum kalten Buffet stürzt, ereifert sich eine ältere Dame im gnatterigen Ton: „Das war nur etwas für Gitarristen. Und richtig zusammengespielt haben die auch nicht.“  Die Erkenntnis, was es mit dem Wunder der Polyrhythmik auf sich hat, wird ihr leider vermutlich auf ewig verwehrt bleiben.

In der zweiten Hälfte des Abends ging das musikalische Niveau rasant bergab. Die NDR Bigband gab unter ihrem neuen musikalischen Leiter Jörg Achim Keller Eigenkompositionen der Ensemblemitglieder zum Besten. Kompositionen mit sperrigen Namen wie Das Gerüst oder Die Maus ist tot, es lebe die Maus entpuppten sich als einfältige Werke zwischen gewollt atonal und Fahrstuhlmusik. So zeigte sich die Bigband enttäuschend weit unter ihren Möglichkeiten und klang leider untypisch: öffentlich-rechtlich.

Wenn es am Schönsten ist, sollte man aufhören, heißt es. Das galt auch für dieses Doppelkonzert.

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