Normalerweise saß er am offenen Fenster und rauchte. Fast immer standen unterhalb des geöffneten Fensters Frauen und Männer aus der Nachbarschaft und baten ihn um seinen Rat. Oft hatten sie komplizierte Formulare oder schwer verständliche offizielle Briefe dabei, die sie ihm hochreichten. Er betrachtete die Schriftstücke mit gebotenem Ernst, zog dann nachdenklich an seiner Zigarette und erklärte in verständlicher Sprache, was zu tun sei. Wie man das eben so macht, als Consigliere.
Wenn sein Rat einmal gerade nicht gefragt war, saß er vor seinem übergroßen Computermonitor. Sein Monitor war so überdimensioniert, dass man von draußen erkennen konnte, was der Consigliere gerade macht. Meistens war Facebook geöffnet. Ich stellte mir dann vor, dass der Consigliere auch auf dieser Plattform voller Hass und Verschwörungmythen, die Sachen gerade rückte. Stets kompetent und konstruktiv. Auf den Consigliere ist Verlass.
Manchmal, wenn niemand unten am Fenster stand und um Rat frug und er auch auf Facebook alle Unklarheiten beseitigt hatte, sah er sich auf seinem sehr großen Monitor Pornovideos an. Auch ein Consigliere braucht mal etwas Freizeit.
Doch jetzt ist er nicht mehr da. Die Wohnung ist leer. Der Monitor ist verschwunden. Wer jetzt wohl die Nachbarn durch die Kalamitäten der Bürokratie navigiert? Ich weiß es nicht. Hoffentlich schläft der Consigliere nicht bei den Fischen.