Ein etwa siebenjähriger Junge begleitet seine Mutter widerwillig in ein Warenhaus. Die Mutter wünscht, in der Wäscheabteilung einen BH zu erwerben, welcher ihre Brüste in möglichst vorteilhafter Form präsentiert. Den Jungen interessiert die Präsentation von Brüsten, zudem noch die seiner Mutter, naturgemäß wenig.
Viele Jahre später, wenn der Stimmbruch überstanden ist, die Barthaare sprießen und auch das Interesse für vorteilhaft präsentierte Brüste zugenommen hat, wird er als Mann an der Seite seiner Holden an den noch immer ungeliebten Ort zurückkehren. Er wird dann in einem unbequemen Sitzmöbel platznehmen und mit seinen dort bereits seit Stunden ausharrenden Leidensgenossen kein Wort wechseln. Dafür wird er alle zwei Minuten abwechselnd einen Blick auf seine Armbanduhr und auf seine sich unendlich oft umkleidende Liebste werfen. Seine Ungeduld wird im gleichen Maße zunehmen wie die durch Einkaufsgenuss hervorgerufene Glückseligkeit seiner Begleiterin. Gleichzeitig wird er sich über den in der Herrenwarteecke aufgestellten Trinkwasserspender ärgern, denn dieser ist entweder leer oder verkeimt. Sollte beides einmal nicht zutreffen, und und sich der Mann bereits auf die Zufuhr eines kühlen Trunks freuen, um der bereits einsetzenden Dehydrierung in der Einkaufswüste entgegenzusteuern, dann werden ganz bestimmt die Einwegbecher fehlen.
In diesem Moment wird ihm dann das erste Mal bewusst werden, dass die einzigen Jahre, in denen ein Mann so richtig frei ist, diejenigen zwischen Grundschulalter und dem Beginn der ersten festen Beziehung sind – die wenigen Jahre im Leben eines Mannes, in denen keine Frau zum Einkauf begleitet werden muss. Aber davon ahnt der kleine Junge jetzt noch nichts.