Biréli Lagrène & Sylvain Luc in Hamburg


Biréli Lagrène und Sylvain Luc

Freitagabend im Rolf-Liebermann-Studio des Norddeutschen Rundfunks: Auf der Bühne: zwei Männer, zwei Gitarren; nichts weiter. Scheinbar unabhängig voneinander beginnen sie das Konzert; wie vereinzelte Schneeflocken rieseln die Töne in den Raum, und erst nach einigen Minuten klar, wohin die Reise geht. Das Thema von Bobby Hebbs‘ Sunny ertönt; im Laufe des Abends folgen weitere bekannte Melodien: Antonio Carlos Jobims Bossa Nova Wave sowie die Jazz-Standards All The Things You Are und Autumn Leaves werden gespielt. Zahlreiche – schon längst verbrauchte – Klassiker erklingen hier in wundervoll raffinierten, nie gehörten Arrangements. Technisch und musikalisch sind dem Duo keinerlei Grenzen gesetzt. Beide Gitarristen sind einander seit vielen Jahren vertraut, und leicht fällt es ihnen, auf ihren Duopartner spontan zu reagieren. Immer wieder entlocken sie ihren Akustikgitarren unvermutete Klangeffekte: mal wird aus dem Korpus ein Perkussionsinstrument, mal wird eine Saite während des Spiels geschickt zum Bass heruntergestimmt. Aus tausendmal gehörten Herbstblättern wird ein Tango, der sich sogleich in ein Menuett wandelt. Im Funk sind Biréli Lagrène und Sylvain Luc genauso zuhause wie im Blues. Natürlich dürfen auch einige der Eigenkompositionen ihres famosen 2002 erschienenem Album Duett nicht fehlen, bis sie schließlich ihren gefeierten Auftritt nach gut 75 Minuten mit Stevie Wonders Isn’t She Lovely beenden. Nur selten kann man auf der Gitarre Virtuosität und Musikalität so sehr vereint sehen wie an diesem Abend. Biréli und Silvain – ihr wart großartig; vielen Dank dafür.

Dann die Pause: Während das Abo-Publikum routiniert zum kalten Buffet stürzt, ereifert sich eine ältere Dame im gnatterigen Ton: „Das war nur etwas für Gitarristen. Und richtig zusammengespielt haben die auch nicht.“  Die Erkenntnis, was es mit dem Wunder der Polyrhythmik auf sich hat, wird ihr leider vermutlich auf ewig verwehrt bleiben.

In der zweiten Hälfte des Abends ging das musikalische Niveau rasant bergab. Die NDR Bigband gab unter ihrem neuen musikalischen Leiter Jörg Achim Keller Eigenkompositionen der Ensemblemitglieder zum Besten. Kompositionen mit sperrigen Namen wie Das Gerüst oder Die Maus ist tot, es lebe die Maus entpuppten sich als einfältige Werke zwischen gewollt atonal und Fahrstuhlmusik. So zeigte sich die Bigband enttäuschend weit unter ihren Möglichkeiten und klang leider untypisch: öffentlich-rechtlich.

Wenn es am Schönsten ist, sollte man aufhören, heißt es. Das galt auch für dieses Doppelkonzert.

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Weiterführende Links:

Gästeliste


Es handelt sich zwar lediglich um einen reservierten Tisch,
aber irgendwie passt das Bild trotzdem ganz gut.

Gästelisten sind eine gute Sache, besonders wenn der eigene Name darauf steht. Zeigt dies doch, dass man bei einer Veranstaltung ein gerngesehener Gast ist und entbindet es elegant von der Entrichtung des regulären Eintrittspreises. Man nennt am Eingang lediglich seinen Namen, und es wird einem in der Regel kurzerhand komplikationslos Zutritt gewährt.

Angenommen, mein richtiger Name lautete Emil Stockfisch, so empfiehlt es sich, mich unter diesem Namen auf die Liste zu setzen. Alternativ könnte man, so man sich meines tatsächlichen Namens beim besten Willen nicht erinnern kann, auch mein Pseudonym bosch an der Tür hinterlassen. Kompliziert wird es indes, wenn man mich unter der Bezeichnung Emil Bosch auf die Liste setzt. Unter dieser Kombination bin ich nämlich niemandem bekannt – nicht einmal mir selbst. Und ein heiteres Gästelistennamenraten schätzen die Damen und Herren von der Tageskasse, wie ich kürzlich feststellen durfte, überhaupt nicht.

Erdmöbel in Hamburg am 30.09.2007 im Uebel & Gefährlich

Erdmöbel

Denkt man als Hamburger an Köln, so fallen einem lediglich BAP, Kardinal Meisner und schales Bier aus Reagenzgläsern ein. Dabei gäbe es bei weitem sympathischere Botschafter der Domstadt am Rhein, nur kennt sie leider fast niemand. So versammelten sich gestern Abend im Club Uebel & Gefährlich auch eher nur 100 als die sicherlich verdienten 1000 Zuschauer, um der wunderbaren Musik der adrett in Anzug und Krawatte erschienenen Herrencombo zu lauschen. Denken die Erdmöbel, die am Vortag ein Konzert in Münster bestritten, an die Hansestadt im Norden, so fällt ihnen als erstes ein, dass sie gern hier spielten, da Hamburg fern genug der Heimat liegt, so dass ihre Eltern nicht im Publikum weilen.

Was geht, Muschikatz?, eine Coverversion des Tom Jones-Hits What’s New, Pussycat? eröffnete im beschwingten 3/4-Takt das Konzert. Bereits 2005 zeigte die Kölner Band auf ihrer Platte Für die nicht wissen wie, dass es ihnen mit fabelhafter Leichtigkeit gelingt, internationale Klassiker wie Burt Bacharachs Close To You, Anfang der 70er Jahre ein Erfolg der Carpenters, geschmackvoll ins Deutsche zu übertragen und im eigenen Erdmöbel-Sound, einer Mischung aus Melancholie und Easy-Listening, zu präsentieren.

Blumfeld geben Abschiedskonzert – Kein Lied mehr

Blumfeld Abschiedskonzert am 25.05.2007 in der Fabrik, Hamburg

Der Morgen des 22. Konzerts der Blumfeld Tour und des damit definitiv letzten Konzerts vor der Auflösung der Band begann in Hamburg mit einem heftigen Gewitter. „Ein Zeichen des Himmels?“ fragt Jochen Distelmeyer, seit nunmehr 16 Jahren Kopf und Stimme der Gruppe, ein paar Stunden später, um es gleich im Anschluss zu verneinen. Schließlich glaube er nicht an Gott. Vielmehr glaubt er offensichtlich daran, dass es wichtig sei, ausreichend zu trinken, und reicht sogleich seine Wasserflasche ins dürstende Publikum. Die Hamburger Fabrik ist seit Wochen ausverkauft und sicher nicht zuletzt angesichts der langen Gästeliste stehen die Fans dichtgedrängt, um sich von Jochen Distelmeyer (Gesang, Gitarre), André Rattay (Schlagzeug), Vredeber Albrecht (Keyboard) und Lars Precht (Bass) zu verabschieden. Etwas später darf auch Gründungsmitglied Eike Bohlken für zwei Lieder aus der frühesten Schaffenszeit (Penismonolog, Zeittotschläger) wieder an den Bass. Im Hintergrund reicht Sterne-Bassist Thomas Wenzel nach fast jeden Lied eine andere, frischgestimmte Gitarre und darf im Hintergrund auch hin und wieder selbst in die Saiten greifen, was den Sound merklich erfrischt.