Ja, mach nur einen Plan
sei nur ein großes Licht
und mach dann noch ’nen zweiten Plan
gehn tun sie beide nicht.
(Bertolt Brecht, Dreigroschenoper)
Soll: Kindergarten, Schule, Freunde, Tanzkurs, erste Liebe, Ausbildung oder Studium, Zivildienst, Wohnung, Job, Versicherung, Auto, Urlaub, Heirat, Karriere, Altersvorsorge, Kinder, Eigentumswohnung, guter Wein, erfüllender Sex, zweiter Frühling, Opernball, körperliche Fitness durch sportliche Aktivität, Enkelkinder, Rente, Selbstverwirklichung, Seelenheil dank Religion, Bestattung mit Dixieland-Band, gut gepflegtes Familiengrab.
Ist: Praktika, Wohngemeinschaft, prekäre Arbeitsverhältnisse, Psychotherapie, flüchtige Affären, öffentlicher Nahverkehr, billiger Fusel, Nebenjobs, Einsamkeit, Morrissey hören, Zweifel, Midlife Crisis, Thomas Bernhard lesen, Hoffen auf bedingungsloses Grundeinkommen und freien DSL-Anschluss im Alter, Romanfragment verbrennen, Essen auf Rädern, Bestattung mit Musik vom Band und keiner kommt (ohne Butterkuchen), anonyme Urnenbeisetzung.
Wir schmieden Pläne, den Ist-Zustand an den Soll-Zustand anzupassen (zumindest in Teilbereichen). Doch der gesellschaftlich normierte Soll-Zustand lässt uns naturgemäß genauso erschaudern wie der weitgehend selbstverursachte Ist-Zustand. Der absurde Mensch lebt trotzdem weiter. Manchmal kann es sogar ganz schön sein – leider viel zu selten.