Übersprungshandlung

Man kann es nicht so recht erklären: Es war mitten in der Woche und bereits tief in der Nacht, als er bemerkte, dass die Frau, die sonst immer neben ihm lag, nicht da war. Nur einen Absacker wollte sie zusammen mit dem Kollegen aus der Redaktion trinken. Nach einigen alkoholhaltigen Getränken küssten sich die Kollegen. Danach wurde alles anders.

Ein Jahr später erhielt er morgens einen Anruf. Daraufhin stellte er sein Mobiltelefon ab und kam an diesem Abend nicht wie üblich nach Hause. Während er ziellos durch die kalte Nacht streunte, machte sie sich die allergrößten Sorgen um ihn, den sie vielleicht damals noch liebte. Danach wurde alles anders.

Überforderung und Sprachlosigkeit machten, dass die Dinge, die ohnehin schon kompliziert genug waren, vollends aus den Fugen gerieten. Es kann immer wieder passieren.

Emotionsmanagement

Nur mit einem Ohr höre ich dem glatzköpfigen Mann auf dem Podium zu. Meine Aufmerksamkeit gilt vor allem meinem Mobiltelefon, von dem ich versuche, digitale Erinnerungen zu verbannen. Analoge Erinnerungsstücke brennen besser, denke ich, als ich plötzlich aufhorche: Der Mann auf der Bühne sagt, er sei Professor für Emotionsmanagement.

Was soll ich von einem Theoretiker wie ihm lernen, frage ich mich, während ich eine Telefonnummer lösche, die ich nicht mehr anzurufen gedenke. Obwohl er nur wenige Meter von mir entfernt ist, klingt seine Stimme wie aus weiter Ferne. Ich höre etwas von China, rasant wachsenden Märkten und Internet. Die Zukunft liege in Asien, sagt er, und dass Innovation das ganz große Ding sei. Tatsächlich ist er Professor für Innovationsmanagement. Das kann man sicher auch irgendwann einmal gebrauchen.

Fehlentscheidungen

U-Bahnhof Hallesches Tor, Berlin

“Ich bereue nichts im Leben –
außer dem, was ich nicht getan habe.”

(Coco Chanel)

„Dein Problem ist, dass du dich für nichts entscheiden kannst, bosch. – Nicht für eine Stadt, nicht für einen Job, nicht für eine Frau“, sagt mir der flüchtige Bekannte, dem ich nur alle paar Monate zufällig über den Weg laufe, unvermittelt auf den Kopf zu.

Keine so schlechte Analyse, denke ich. Jedoch wird es nicht leichter, wenn sich bewusst getroffene Entscheidungen im Nachhinein zumeist als falsch herausstellen.

Ankündigung

„Ich bin nämlich eigentlich ganz anders,
aber ich komme nur so selten dazu.“

(Ödon von Horváth)

Was gestern noch bedeutsam erschien, erkennt man heute als Unrat (et vice versa). Es ist keine schöne Erkenntnis, sich so sehr in einer Sache getäuscht zu haben. Nach all dem, was geschehen ist, wird klar, dass es nicht wie bisher weitergehen kann.

Daher hat sich der Autor dazu entschlossen, dieses Weblog zu öffnen: Multiple Persönlichkeiten werden ebenhier fortan die Feder führen, um triste Fotografien mit fahrigen Bildlegenden zu versehen. Zur Förderung der Verwirrung des Rezipienten, werden sämtliche Verfasser unter dem bewährten Pseudonym bosch in Erscheinung treten.

Möglicherweise werden Sie sich fragen, ob die boschs jetzt komplett verrückt geworden sind. Mit einer Stimme werden wir Ihnen dann sanft entgegenhauchen: Und wenn schon?