Einen Tag, bevor eine Ausstellung in einem Hamburger Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, haben die Freunde des jeweiligen Hauses die Gelegenheit, diese vorab ganz exklusiv zu besichtigen. Der Herr Direktor lädt ein und die ohnehin freien Eintritt genießenden Förderer der Kunsthalle stürmen die Räume, als gäbe es kein Morgen, obwohl gewöhnlich nicht einmal ein kostenfreies Gläschen des billigen Sektes oder ein paar darmverklebender Weißbrotschnittchen mit Lachs gereicht werden.
Überwiegend ältere Damen mit sorgfältig onduliertem Haar sowie die dazugehörigen Ehegatten, welche natürlich noch älter sind und daher gern auf einem mitgebrachten kleinen Klappstuhl, wie ihn sonst nur Angler und Melker werwenden, sitzen, kleben geradezu an den Lippen des etwas zu leise und viel zu schnell redenden Herrn Direktors. Geschmeidig spricht dieser von Kubismus, Konstruktivismus, Suprematismus und das alles, ohne dabei Luft zu holen, was in dem vollkommen überfüllten Raum die wahre Kunst wäre, denn es ist heiß und stickig. Das Publikum denkt dabei an Orgasmus (die Jungen Freunde der Kunsthalle) und Apfelmus (die Gebißträger) und applaudiert höflich und zurückhaltend. Der Herr Direktor dankt den ausstellenden Künstlern (etwas mehr Applaus), den Leihgebern (noch mehr Applaus) und den Freunden und Förderern der Kunsthalle, die diese Ausstellung mit ihrer großzügigen finanziellen Unterstützung erst möglich gemacht haben (rasender Applaus). Kein Dank geht an den gemeinen Steuerzahler – aber der kommt ja erst morgen oder hat überhaupt kein Interesse.
Nach so vielen warmen Worten geht es endlich los. Es wird gedrängelt und geschubst, um aus dem Vortragsraum endlich zu den vielgelobten schwarzen Quadraten, um die es an diesem Abend eigentlich geht, zu kommen. Dicht gedrängt, wie eine Viehherde auf dem Weg zur Schlachtung, schieben sich die selbsterklärten Kunstkenner an den Ausstellungsstücken vorbei, um zur Belohnung für die mühsame Abendgestaltung am Ende den Ausstellungskatalog in einer durchsichtigen Plastiktüte trophäengleich und voller Stolz nach Hause zu schleppen. Von der Ausstellung hat man zwar nicht viel gesehen, schließlich versperrten Damenhüte die Sicht auf die Objekte, aber man kann ja zum Glück alles in Ruhe daheim noch einmal nachschlagen, während man dem nächsten Abonnementkonzert entgegenfiebert.
Privates Engagement zur Förderung der Kunst ist eine lobenswerte Angelegenheit. Noch lobenswerter wäre es allerdings, würden sich die Förderer nicht so albern dabei benehmen. Die sehenswerte Ausstellung Das schwarze Quadrat. Hommage an Malewitsch ist vom 23. März bis zum 10. Juni 2007 in der Hamburger Kunsthalle zu besichtigen.
5 Antworten auf „Bilder einer Ausstellung“
Genauso war’s.
Aber die Ausstellung ist wirklich großartig. Und die Freunde & Förderer sind zum Glück während der normalen Öffnungszeiten zumindest nicht so geballt zugegen.
Dieses sind dann doch eher Freunde der Selbstdarstellung,
weniger die der Kunst.
Noch dazu klingen sie, wie Du sie beschreibst, erschreckend konventionell.
Bei soviel staubiger Trockenheit bezogen auf deren Weltbild – kommt mir fast ein Hustenreiz.
Das war eine gute Darstellung. Mir ist als wäre ich dabei gewesen. Ich hoffe, demnächst noch mehr von Deinem köstlichen Humor zu lesen.
Kann man die Ausstellung denn nicht in umgekehrter Durchlaufrichtung besichtigen? Da müsste doch freie Sicht herrschen…
@florentinus: Eigentlich eine gute Idee, aber dann irgendwann frontal auf das geballte Grauen zu treffen ist sicherlich auch kein Vergnügen.