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Warenwelten #8: Einkaufserlebnis

Das ist zwar nicht Neukölln, hier entsteht aber demnächst ein Supermarkt.
Das ist zwar nicht Neukölln, hier entsteht aber demnächst ein Supermarkt.

Berlin ist so etwas wie Amerika im Kleinen – die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten. Hier zählt sogar der dosenbierkaufende Kunde noch als Individuum und wird nicht, gleich einem Schlachtvieh, durch die engen Gänge des Supermarktes getrieben. Selbst in Neukölln ist das so. Kaufland, das klingt nach großer weiter Welt – dabei handelt es sich lediglich um einen Lebensmittelmarkt mit angeschlossener Hartwarenabteilung im fensterlosen Unterschoss eines unwirtlichen Einkaufszentrums. Natürlich haben auch hier die Kassiererinnen den antrainierten Röntgenblick, mit dem sie Kunden und Einkaufswagen beim Kassiervorgang nach Diebesgut absuchen. Ich nehme das allerdings nicht persönlich, sie müssen das tun. Und trotzdem könnte man fast den Eindruck haben, die Kassiererinnen hätten Freude an ihrer Tätigkeit, obwohl jeder weiß, dass das nicht sein kann. Die perfekte Illusion im Einkaufswunderland.

Zum Abschluss des Warenerwerbs folgt eine Überraschung. Ich werde während des Bezahlvorganges nicht um die Vorlage einer datenklaubenden Kundenkarte gebeten, sondern freundlich und routiniert gefragt: „Haben sie alles gefunden? Hat ihnen der Einkauf gefallen?“ So etwas kannte ich noch nicht, daher musste ich mich kurz sammeln: „Der Einkauf war ein Erlebnis“, erwiderte ich. „Ich bin sehr zufrieden und komme gern wieder. Falls es ihnen hier einmal zu langweilg werden sollte, so werde ich bei der Fluglinie meines Vertrauens gern ein gutes Wort für sie einlegen. Sie würden sich beim Sicherheitsballett auch ganz ausgezeichnet machen und könnten so nebenbei noch etwas von der großen weiten Welt sehen. Das hätten sie sich verdient. Vielen Dank, Frau Müller, es war mir ein Vergnügen, bei ihnen einkaufen zu dürfen – und bis zu meinem nächsten Einkauf.“

(alle Namen geändert)

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Eine Antwort auf „Warenwelten #8: Einkaufserlebnis“

Ich liebte früher Kaufland. Auch ich wurde gefragt, ob ich alles gefunden hatte. Manchmal habe ich dann mal was gesagt, so stand die Kaffeesahne glaube ich weder bei der Milch noch beim Kaffee … egal. Sie mussten das fragen, denn Notizen hat sich nie eine gemacht. Z.B.: „Kunde beklagt, dass Kaffeesahne schwer zu finden ist. Neues Search and Think Concept beim Team-Meating mit Store Manager ansprechen.“
Ich fand Kaufland besonders gut für die unprätentiöse Art und Weise vor allem B-Marken zu präsentieren (die B-Marke stirbt aus, es gibt in anderen Märkten nur A und C). Außderdem hatten sie viele Ostprodukte.
Eines Tages fand ich heraus, das Kaufland zu einem bekanntem Discounter aus Neckarsulm gehört. Tja, ich kaufe da jetzt nicht mehr so viel, auch wenn es z.B. in Lüneburg gleich zwei Kaufländer gibt.

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