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Frühstück im Café du passage

Ich sitze in meinem Café und blättere in der Speisekarte. Das Café ist natürlich nicht mein Café, sondern mein Lieblingscafé, in das ich täglich gehe — unter anderem, um die Zeitung zu lesen, die natürlich ebenso wenig die meine ist. Die Karte kenne ich zwar, aber ein mir unbekannter Gast nimmt meine bevorzugte Tageszeitung in Beschlag.

Viele Gäste sind mir mittlerweile bekannt; zum Beispiel Klaus, der meistens schwarze Lederhosen trägt, und am Tisch nebenan sitzt. Er kritzelt etwas in winzigen Buchstaben auf ein loses Blatt Papier. Es könnte seine Biographie sein oder auch sein Testament. Die Buchstaben sind so klein, dass ich bezweifle, dass er sein Geschriebenes je wieder wird entziffern können; zumindest nicht ohne Leselupe. Der Gast, der die Tageszeitung in Beschlag nimmt, ist mir nicht bekannt, nicht einmal vom Sehen. Deswegen traue ich mich nicht, ihn zu fragen, ob er mir einen Teil abgibt. Es ist Freitag, und vermutlich hätte er ohnehin nur den Münchener Immobilienteil herausgerückt, der für mich einen ähnlich hohen Unterhaltungs- und Informationswert hat wie ein Lokalteil aus Reykjavik. Klaus und ich teilen uns die Zeitung immer unaufgefordert. Im Laufe der Zeit hat sich ein fester Modus herauskristallisiert, wer zuerst welchen Part lesen darf — nach einer gewissen Zeit wird getauscht.

Um die Wartezeit auf Politik, Feuilleton und Wirtschaft zu überbrücken, addiere ich die Quersummen der Preise aller Speisen und Getränke, um im Anschluss aus der Summe die Quadratwurzel zu ziehen. Mathematik hat mir nie Freude bereitet, genauso wenig wie der Sportteil, den ich stets auslasse. Sport ist noch uninteressanter als Anzeigen für großzügige Villengrundstücke am Starnberger See. Aus den Lautsprechern schallt dezent Musik: Paul Weller, von dem ich mich jedes Mal wundere, wie er an diesen Ort kommt. Der Modfather zu Gast im beschaulichen Winterhude; eine merkwürdige Vorstellung.

Zum Glück ist heute noch kein Wochenende, denn dann kommen zu allem Unglück auch noch die Wochenendfrühstücker aus ihren Löchern. Weil sie immer früher aufstehen als ich, essen sie mir meist die letzten Brötchen weg. Das Wichtigste ist, zum kleinen Frühstück ein zusätzliches Vollkornbrötchen zu bestellen. Dann startet es sich angenehmer in den Tag.

7 Antworten auf „Café“

Ich hatte ja neulich die Ehre – übrigens ebenso an einem Freitag – auch ein Frühstück in Ihrem Café, zudem noch gemeinsam mit Ihnen, zu mir zu nehmen und kann das Beschriebene deshalb mit umso größerer Freude lesen. Der Tipp mit dem zusätzlich zu bestellenden Vollkornbrötchen ist wahrhaftig und Gold wert.

Sind das dann (inkl. der Sonderbestellung) drei Brötchen bzw. brötchenartige Teile? Mir wäre es wohl zuviel, zumindest als Frühstück, wobei es natürlich auch sehr darauf ankäme, ob das Frühstück dann wirklich nur ein Frühstück oder nicht eher ein vorgezogenes Mittagessen wäre. Aber das ist dann auch schon wieder ein anderes Thema.

Ich vermisse das Café du Passage… Es gab doch nichts schoeneres als die verschiedenen Charaktere des Cafés zu beobachten & dabei die unfassbar leckeren Fetatomatequiches, wie das schnürsenkel-aufgehende Rührei, zu geniessen… oh, wie lecker…
Kein spezielleres Café mit so interessanten Menschen kennengelernt!
Schade =(

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