Es kam plötzlich, wie ein Aus oftmals plötzlich kommt. Ein paar lakonische Zeilen reichen aus, um eine langjährige Beziehung zu beenden. Fast nie sind Trennungen einvernehmlich, ein Part ist meistens der Stärkere in einer Beziehung. Es verläuft stets nach dem gleichen Muster: Anfangs war die Leidenschaft groß, aber mit der Zeit wurde sie schleichend kleiner.
Was zusammenhält, sind nur noch gemeinsame Erinnerungen, aber auch sie verblassen immer mehr. Irgendwann ist es dann ganz vorbei. Trotzdem kämpft man noch ein bißchen um die Liebe, obwohl man weiß, dass nichts mehr zu retten ist. Am Ende bleibt man traurig, wütend und allein zurück und glaubt, so werde es auf ewig bleiben.
Seit 2005 haben wir einander gehabt: der Google Reader und ich. 820 RSS-Feeds habe ich regelmäßig über ihn abgerufen. Ich konnte mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen. Sehr habe ich die Social-Funktion geschätzt: Personen, denen man folgte, konnten einem einzelne Artikel empfehlen. Viele großartige Menschen haben mir tolle Texte in meinen Lesefluss gepusht, auf die ich von allein niemals gestoßen wäre. Ohne Not hat Google dieses Feature bereits Ende 2011 abgeschafft. Danach war es nie mehr so wie vorher. Der Reader war eine lebende Leiche. Nur aus Gewohnheit sind wir noch zusammengeblieben – und wegen unserer langen gemeinsamen Vergangenheit: Gab mir der Reader doch immer noch die Möglichkeit, die von mir abonnieren Informationsquellen gezielt zu durchsuchen. Gestern hat der nichtböseseinwollende Internetkonzen in einer kurzen Mitteilung unerwartet das Aus für den verblieben Reader-Rumpf verkündet.
Das hat mich traurig und wütend gemacht. Ich habe eine Petition für den Erhalt des Readers unterzeichnet. Wohlwissend, dass das Ende kommen wird, wie alles irgendwann zum Ende kommen wird. Aber die Erfahrung hat gezeigt: Danach wird schon bald etwas Neues kommen. – Und dann geht wieder alles von vorne los.