Herbertstraße, Hamburg-St. Pauli: Sündige Meile, käufliche Liebe. Durchgang nur für volljährige Herren. Vollbusige Damen sitzen hinter Glasscheiben und bieten für ein paar Scheine ihre Körper an. Vorwiegend Touristen amüsieren sich hier, die meisten kommen aber nur zum Glotzen.
Herbertstraße, Berlin-Schöneberg: Eine verkehrsberuhigte Wohnstraße im Südwesten der Hauptstadt, ganz in der Nähe des mittlerweile geschlossenen Pudelsalons. Weit und breit keine Sünde zu sehen – nur ein Hörgeräteakustiker.
Herbertstraße Hamburg vs. Berlin: 6 : 3,5.
Richtige Hamburg-Berlin-Vergleiche gibt es auf pop64.de.
Hunderttausende sind an diesem sonnigen Samstag in ganz Deutschland auf der Straße. „Für dezentralisierte regenerative Energie“ steht auf ihren Schildern und Transparenten – oder etwas kampagnenfähiger: „Ohne Meiler ist geiler!“ Für die gute Sache wird auch schon mal der eine oder andere für den Alltag zu lustige Hut herausgeholt und ein schräges Lied gesungen. Niemand denkt dabei daran, dass Musik auch Umweltverschmutzung sein kann. Das Ganze gerät schnell zum Happening. Die Lage ist ernst, aber was uns bleibt, ist immer noch der Humor.
Was aber macht die gut gekleidete Frau mit den langen braunen Haaren, der riesigen Umhängetasche und den hohen Stiefeln mit der großen Pauke vor ihrem Oberkörper? Nie zuvor hörten wir jemanden, der so unrhythmisch auf das Schlagwerk eingedroschen hat, wie sie. Immer wieder lässt sie sich in der Menschenmenge zurückfallen, um kurz darauf wieder in schnellerem Gehtempo an die Spitze des Demonstrationszuges zu gelangen. Nur wenn sie sich eine Zigarette dreht, pausiert sie kurz mit der Bearbeitung ihrer Trommel. Sie marschiert ganz allein und trommelt weder laut noch schön. Was treibt sie eigentlich an?
Ich brauche keine Millionen,
mir fehlt kein Pfennig zum Glück.
Ich brauche weiter nichts als nur
Musik, Musik, Musik.
(Peter Kreuder)
Der Winter ist vorbei. Mit den ersten Sonnenstrahlen kehrt auch die sonntägliche Musik zurück in den Mauerpark. Joe Hatchiban bringt uns mit dem Fahrrad seine Bearpit Karaoke – eine schmächtige Soundanlage und den Klapprechner mit den Halbplaybacks.
Zufällig vorbeikommen und stehen bleiben oder sich einen der raren Sitzplätze suchen und von einem der fliegenden Händler ein warmes Bier erwerben. Auf der kleinen Bühne in der Mitte stehen Menschen aus aller Welt, um einmal vor Publikum ein Lied zu singen: überzeugte Selbstdarsteller, ausgebildete Opernsänger, kinderliedersingende Kinder, reiseführergeleitete Touristen, Patienten der Konfrontationstherpie, jugendliche Rockröhren und stimmschwache Tänzer. Das Publikum ist ein dankbares: jeder Sänger wird beklatscht und bejubelt, den Textunsicheren wird ausgeholfen.
Wie immer besteigt besteigt der ältere Herr im Mantel mit den zwei Plastiktüten in den Händen etwas ungelenk die Bühne und singt die deutsche Version von Frank Sinatras „My Way“: Das ist mein Leben. Wenn er mal nicht da ist, ist es nur halb so schön. Applaus! Zugabe.
Hausnummer 155, eine Wohngemeinschaft in West-Berlin, die Zimmer sind schwarz gestrichen und deren Bewohner auf Drogenentzug. Gelegentlich sitzt einer von ihnen am offenen Fenster und spielt Gitarre.
35 Jahre danach pilgern vereinzelt englische Touristen hierher, um zu sehen, wie David Robert Jones hier von 1976-1978 gewohnt hat. Was sie sehen: ist unspektakulär. Was sie zu finden geglaubt haben: ist nicht da. – Es gibt keine Helden.
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