Shakespeare

Shakespeare

Die Shakespeare-Büste in dem bescheidenen Park gegenüber  der Deutschen Oper versetzt mich bei jedem Anblick in leichte Verwunderung. Was soll die da?

Anfang der 90er Jahre habe ich einmal eine weitaus opulentere Statue des Dichters in Stratford-upon-Avon fotografiert. Was diese dort sollte, erschien mir einleuchtender. Damals hatte ich gerade eine neue Kamera. Und vor lauter Justierung von Blenden und Belichtungszeiten verlor ich den Anschluss an meine Reisegruppe.

Um Aufzuschließen überquerte ich sodann sehr eilig eine Straße, ganz ohne dabei auf den in England herrschenden Linksverkehr zu beachten. Das von rechts kommende Auto erfasste mich um Haaresbreite.

Weniger Fortune im englischen Straßenverkehr hatte heute auf den Tag genau vor 50 Jahren Rolf Dieter Brinkmann. Er wurde nur 35 Jahre alt. Dann machte der Dichter nicht mehr weiter.

Schwall und Scham

„Talking about music is like dancing about architecture.“
(Frank Zappa)

Früher gab es den Künstler und sein Werk. Das Werk trat gleichberechtigt neben die Person des Künstlers. Heute tritt ungebeten das Geschreibsel des Feuilletonisten hinzu. Hat man bei Film- und Buchkritiken nicht selten noch den Hauch einer Ahnung, worum es in dem rezensierten Werk ansatzweise gehen könnte, so scheint dies für Musikkritiker zunehmend irrelevant zu sein. Die Kritik ist kein Dienst am Rezipienten, sondern sich selbst oftmals genug.

Heute erscheint das neue Tocotronic-Album „Schall und Wahn“. Seit Tagen überbieten sich Magazine und Tagespresse gegenseitig mit ihrem Geschwurbel. Selbst Leser der Boulevardpresse wissen nach Tagen der vergeisteswissenschaftlichen PR-Berieselung, dass William Faulkner den Titel bei Shakespeare entliehen hat. Eine Ahnung, was einen nach dem Aufsetzen des Tonarms (von mir aus auch nach dem Einlegen der Silberscheibe) erwarten könnte, bekommt man nach der Lektüre freilich nicht geliefert. Vielmehr wächst der Zweilfel, ob die schreibenden Musikkritiker die besprochene Platte überhaupt gehört haben; gar ob dies für ihre Besprechung überhaupt noch wichtig ist.

Die Rezension tritt gleichbereichtigt als eigenständiges Werk neben das Opus des Künstlers. Ich will das alles nicht mehr lesen, sondern nur noch die Musik hören. Musikkritiker, ihr seid Schweine. Musikkritiker, ich verachte euch zutiefst.

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