Shakespeare

Shakespeare

Die Shakespeare-Büste in dem bescheidenen Park gegenüber  der Deutschen Oper versetzt mich bei jedem Anblick in leichte Verwunderung. Was soll die da?

Anfang der 90er Jahre habe ich einmal eine weitaus opulentere Statue des Dichters in Stratford-upon-Avon fotografiert. Was diese dort sollte, erschien mir einleuchtender. Damals hatte ich gerade eine neue Kamera. Und vor lauter Justierung von Blenden und Belichtungszeiten verlor ich den Anschluss an meine Reisegruppe.

Um Aufzuschließen überquerte ich sodann sehr eilig eine Straße, ganz ohne dabei auf den in England herrschenden Linksverkehr zu beachten. Das von rechts kommende Auto erfasste mich um Haaresbreite.

Weniger Fortune im englischen Straßenverkehr hatte heute auf den Tag genau vor 50 Jahren Rolf Dieter Brinkmann. Er wurde nur 35 Jahre alt. Dann machte der Dichter nicht mehr weiter.

Rolf Dieter Brinkmann: Schreiben, realistisch gesehen

Sylt

Schreiben, realistisch gesehen.

Worüber
kann ich noch schreiben
vielleicht ein Gedicht
über zerschlagene Waschmaschinen
über Straßenbau oder
junge Ehen

man rät mir viel
man korrigiert mich
man meint, es sei überflüssig
man trinkt und raucht
man geht fort

wenn ich am Schreibtisch sitze
vor einem weißen Blatt Papier
weiß ich nichts mehr –
die hydrographischen
Angaben von heute
mittag zwölf Uhr
in Meereshöhe
sind schöner, ich glaub es gern

denn
ach, das Meer
das ich noch nie gesehen habe
mein geheimer Unwille
meine große Müdigkeit
das Meer, das Meer
das zerstört
werden wird
in einem anderen Gedicht!

(Rolf Dieter Brinkmann, aus „Standphotos“)

Rolf Dieter Brinkmann: Ein Gedicht

Deich

Ein Gedicht

Hier steht ein Gedicht ohne einen Helden.
In diesem Gedicht gibts keine Bäume. Kein Zimmer
zum Hineingehen und Schlafen ist hier in dem
Gedicht. Keine Farbe kannst du in diesem

Gedicht hier sehen. Keine Gefühle sind
in dem Gedicht. Nichts ist in diesem Gedicht
hier zum Anfassen. Es gibt keine Gerüche hier in
diesem Gedicht. Keiner braucht über einen Zaun

oder über eine Mauer in diesem Gedicht zu klettern.
Es gibt in diesem Gedicht hier nichts zu fühlen.
Das Gedicht hier kannst du nicht überziehen.
Es ist nicht aus Gummi. Kein weißer Schatten

ist in dem Gedicht hier. Kein Mensch kommt
hier in diesem Gedicht von einer Reise zurück.
Kein Mensch kommt in diesem Gedicht hier atemlos
die Treppe herauf. Das Gedicht hier macht keine

Bürotiere

„Die Tiere sind unruhig.“
(Rolf Dieter Brinkmann, Wörter Sex Schnitt.)

Eine Gruppe in dem Büro in der Kreuzberger Fabriketage pflegt Stofftiere um sich zu scharen. Nicht wenige dieser Tiere geben auf Druck oder Handzeichen Geräusche von sich. Das tun sie oft und und genau so oft strapazieren sie unsere Nerven. Trotzdem mögen wir sie. Irgendwie.

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