Von 1831 bis 1977 befand sich in Altona zwischen der Norderreihe und Wohlers Allee der Friedhof Norderreihe. Danach wurde die Fläche ungewidmet und beheimatet seitdem einen der schönsten Parks der Stadt, den Wohlers Park. Noch heute finden sich zahlreiche, zum Teil verfallene Gräber und Mausoleen von vermutlich bekannten Hamburger Familien auf dem Gelände. Das lauschige Kleinod ist immer mehr zu einem beliebten Treffpunkt für Jung und Alt geworden: hier wird gegrillt, musiziert, Sport getrieben, einfach nur ein gutes Buch gelesen oder ein kühles Bier getrunken. Jedes Jahr spielen hier auch für ein paar Tage die „Elfen im Park“ wechselnde Theaterstücke unter freiem Himmel.
Eine meine ersten Erinnerungen an Hamburg stammt aus dem Wohlers Park, den ich zusammen mit meinen Eltern und meiner Lieblingstante, die damals in der Nähe wohnte, besuchte. Ich muss etwa vier Jahre alt gewesen sein und besaß einen kleinen Plastikrasenmäher, der, wenn man ihn bewegte, einen höllischen Krach verursachte, aber keinem Grashalm etwas zu Leide tat. Ich mähte damals leidenschaftlich Rasen. Es war eine Leidenschaft, die sich später nicht mehr aufrecht erhalten ließ. Bei einem meiner Besuche im Park entdeckte ich eine Gruppe Menschen, die komische Sachen machten: Tai-Chi-Chuan, chinesisches Schattenboxen. Selbst mein Geknatter konnte die meditativen Bewegungen der Schattenboxer nicht stören. Ich glaube, es beeindruckte mich schon damals, wie sehr die Sporttreibenden in sich ruhten.
In den darauffolgenden Jahren kam ich immer wieder an diesen Ort zurück, es ist ein besonderer Ort für mich, er hat etwas Verwunschenes. Ich habe dort viele Nachmittage gesessen und unter einem schattigen Baum Gitarre gespielt, Bücher gelesen und auch das eine oder andere Bier getrunken. Gar eine langjährige und glückliche Beziehung nahm im Wohlers Park für mich eine entscheidende Wende und hatte hier gewissermaßen ihren Ursprung. Damals erschien es mir, als hätte ich hier alle Möglichkeiten.
Heute war ich allein in der Grünanalage. Zwar waren viele Menschen um mich herum, darunter sogar ein Schattenboxer, aber ich war trotzdem ganz allein. Ich streifte durch den Park und betrachtete die alten Gräber. Ich kannte die Leute nicht, die hier ihre letzte Ruhe fanden. Lediglich der Name „Pickenpack“ fiel mir ins Auge, gab es doch vor vielen Jahren in der prägentrifizierten Schanze eine Kneipe gleichen Namens, die sich dafür rühmte, den längsten Tresen Europas zu beherbergen. Ob es Herrn Pickenpack wohl gefallen würde, dass heute direkt neben seinem Grab vegetarische Würste gegrillt und Badminton gespielt wird? Ich setzte mich auf eine Bank und schaute mich um: dem Anschein nach überall glückliche Menschen, aber kann man das wirklich wissen? Obwohl die Sonne lachte, erschien mir dieser Tag, als gingen drei Sonnen unter und ich hätte gerade den Jackpot meines Lebens verspielt.
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Nachtrag: Wie ich aus verlässlicher Quelle erfahren, ist man mir als Baby bereits im Wohlers Park spazieren gegangen. Eigene Erinnerungen hieran habe ich allerdings nicht.