Auszug aus dem Protokoll eines Telefonats mit der Stadt Kiel (Vorwahl: 0431):
Ich: „Guten Morgen Kiel, du kannst so häßlich sein.“
Kiel: „Sie meinen sicher Berlin.“
Ich: „Nein, nein, ich meine Kiel, die graue Stadt am Meer.“
Kiel: „Aber die graue Stadt am Meer ist doch Husum, die Heimat Theodor Storms.“
Ich: „Ach so, Kiel liegt ja auch nicht am Meer, sondern nur an der Ostsee. Ich habe Kiel bereits in meiner Kindheit als sehr trist wahrgenommen: nach dem Krieg hat man den grauesten Beton gefunden, den man bekommen konnte, und daraus Kiel wieder aufgebaut. Charme sucht man vergeblich, Spröde hingegen ist allgegenwärtig.“
Kiel: „Aber denken Sie doch bitte an den Glanz der Kieler Woche oder an die großen Erfolge unserer Handballmannschaft.“
Ich: „Ist das alles, was die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt zu bieten hat?“
Kiel: „Aber weitem nicht, mein Herr. Unser ursprünglich von Adolf Hitler eingeweihtes Marine-Ehrenmal Laboe ist eine große Attraktion. Heute erinnert es „an die auf den Meeren gebliebenen Seeleute aller Nationen“ und verfügt über einen eigenen Fan-Shop im Internet, in dem man das Ehrenmal im als Bausatz im Maßstab 1:250 erwerben kann.“
Ich: „Das reizt mich nicht.“
Kiel: „Wie wäre es denn mit unseren Rotlichtviertel, direkt am Hafen? Hier locken nicht nur die Erlebnisbar-Eden [Bild s. oben, Anm. d Red.], sondern auch so renommierte Etablissements wie der Crazy Sexy Innenhof.“
Ich: „Nein, nein, das ist nicht, was ich suche.“
Kiel: „Geben Sie uns eine Chance, ich schicke Ihnen unseren Katalog. Sie werden begeistert sein. Kiel könnte so etwas werden wie die graue Stadt der Herzen.“
Ich: „Wohl eher die graue Stadt der Nieren. Vielen Dank und auf Wiederhören.“
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Meine Kiel-Bilder auf Flickr.