„Wird’s besser? Wird’s schlimmer?“,
fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich:
Leben ist immer lebensgefährlich.
Was konsequent wäre: Noch einmal zu feiern, als gäbe es kein Morgen. – Und dann gibt es plötzlich wirklich kein Morgen.
„Wird’s besser? Wird’s schlimmer?“,
fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich:
Leben ist immer lebensgefährlich.
Was konsequent wäre: Noch einmal zu feiern, als gäbe es kein Morgen. – Und dann gibt es plötzlich wirklich kein Morgen.
Was fange ich Silvester an?
Geh ich in Frack und meinen kessen
blausanen Strümpfen zu dem Essen,
das Herr Generaldirektor gibt?
Wo man heut nur beim Tanzen schiebt?
Die Hausfrau dehnt sich wild im Sessel –
der Hausherr tut das sonst bei Dressel –,
das junge Volk verdrückt sich bald.
Der Sekt ist warm. Der Kaffee kalt –
Prost Neujahr!
Ach, ich armer Mann!
Was fange ich Silvester an?
Wälz ich mich im Familienschoße?
Erst gibt es Hecht mit süßer Sauce,
dann gibts Gelee. Dann gibt es Krach.
Der greise Manne selbst wird schwach.
Aufsteigen üble Knatschgerüche.
Der Hans knutscht Minna in der Küche.
Um zwölf steht Rührung auf der Uhr.
Die Bowle –! (›Leichter Mosel‹ nur –).
Prost Neujahr!
Ach, ich armer Mann!
Was fange ich Silvester an?
Mach ich ins Amüsiervergnügen?
Drück ich mich in den Stadtbahnzügen?
Schrei ich in einer schwulen Bar:
»Huch, Schneeballblüte! Prost Neujahr –!«
Geh ich zur Firma Sklarz Geschwister –
(Nein, nein – ich bin ja kein Minister!)
Bleigießen? Ists ein Fladen klein:
Dies wird wohl Deutschlands Zukunft sein …
Helft mir armem Mann!
Was fang ich bloß Silvester an –?
(Einladungen dankend verbeten.)
Liebes Berlin,
in Deinen Bars und Kneipen greift es um sich, dass Bierflaschen und Gläser nur noch gegen Pfand und -marke herausgegeben werden. Entweder sind die Leute in Deinen Kneipen zu faul, die leeren Bierflaschen einfach am Tresen zurückzugeben. Oder sie leben in so prekären Verhältnissen, dass sie die 8 Cent Flaschenpfand im nächsten Supermarkt einlösen – nur, um sich ab und zu überhaupt ein überteuertes Bier in einer Gastwirtschaft leisten zu können. Möglicherweise ist es aber auch ganz anders: Vielleicht leben die Wirte in der Hauptstadt einfach nur vom Pfandschlupf?
Die Pfandmarken verliere ich ständig – oder finde sie immer erst zuhause wieder. Dort stapeln sie sich längst, aber die dazugehörigen Flaschen wurden zwischenzeitlich einkassiert. Angesichts der ohnehin schon hohen Bierpreise ist das kein sonderlich gästefreundliches Geschäftsmodell. Bei mir zuhause türmen sich so viele Pfandmarken, dass ich, könnte ich sie einlösen, von dem ganzen Geld längst eine eigene Kneipe eröffnen könnte. Zumindest aber reichte es für ein mittelgroßes Besäufnis.
Darauf erstmal einen Schnaps (ohne Pfand auf’s Gläschen). Prost!
Dein
bosch