Kapuzenmann vor Bekleidungsgeschäft, Hamburg-Sternschanze
Dauerwellen, Leggings, Schulterpolster und Lederkrawatten – alle sind zu recht in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ausgestorben. Dergleichen hätte ich mir auch für übersättigte Farbtöne in pink, violett und türkis gewünscht.
Seitdem eine gewisse amerikanische Bekleidungskette auch hierzulande Fuß gefasst hat, sind auch die Kolorationen meiner Achtziger-Jahre-Alpträume zurück in das Leben gekehrt. Stets, wenn ich an einem dieser Geschäfte vorbeiziehe, wird mir bewusst, dass die von dem Unternehmen gelebten Tugenden Umweltbewusstsein und Sozialverträglichkeit zwar ganz schön, aber eben auch nicht alles sind. Vielmehr irritiert mich regelmäßig, dass die EU-Bürokratie dieses Unternehmen noch nicht zur Anbringung von Schildern, die vor Augenkrebs warnen, verpflichtet hat.
Erst heute dachte ich wieder daran, wie schön es wäre, ein Hund zu sein, war ich doch bis eben dem Trugschluss aufgesessen, dass dieser Säugetierart ausschließlich schwarzweiß zu sehen vermag. Als Hund könnte man einen Besuch bei American Apparel schadlos überstehen. Ein Trugschluss, wie mich soeben ein Blick in eine bekannte Onlineenzyklopädie lehrte: Das Raubtier aus der Überfamilie der Hundeartigen vermag – eine ausreichende Beleuchtung vorausgesetzt – nämlich sehr wohl Farben zu sehen. Das ist zwar in den meisten Fällen gut für das Tier, nicht jedoch, falls Herrchen oder Frauchen eine Vorliebe für vorerwähnte Bekleidungskette pflegen. Lediglich über eine Rot-Grün-Sehschwäche verfügt der Vierbeiner, was ihn vermutlich nicht vollständig vor American Apparel zu schützen vermag.
Ich bin zwar kein ausgesprochener Hundefreund; vielmehr finde ich, dass Hunde in der Stadt nichts verloren haben. Aber sobald ich jemanden entdecke, der seinen Canis lupus familiaris vor einer AA-Filiale anleint, werde ich den Tierschutzverein benachrichtigen – getreu dem Motto: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“. So kann es eines Tages doch noch kommen, was ich nicht für möglich gehalten hätte: Der Hund wird zum besten Freund des Menschen, in diesem Falle zu meinem. Solange Dauerwellen, Leggings, Schulterpolster und Lederkrawatten nicht zurückkehren, soll mir dies recht sein.
5 Antworten auf „Warenwelten #6: Mein Freund, der Hund“
Neu im Blog: Mode, Hunde und ein bißchen Street Photography http://twiturl.de/freundhund
Total OT: Sag mal, die LX3 ist doch bei 200 sonst nicht so körnig?!
@40something: Vollkommen richtig, das bild ich „nachgerauscht“. Ich habe die Konvertierung mit Nik Silver Efex Pro und einen historischen Schwarz-Weiß-Film simuliert.
Wieso nicht gleich den Kapuzenmann fragen ob er den einen oder anderen vierbeinigen Freund, den er wahrscheinlich dabei hatte, zur Durchführung des obenerwähnten, zugegebenermassen teuflischen Plans, zur Verfügung stellen wöllte?
Auch witzig: Tür vom Schwenkfutterbekleider auf und der gesamten Meute ein saftiges Steak in die Auslegeware werfen. (Gut das war auch teuflisch).
Meine erste Krawatte war aus Leder. Mein erstes Sakko hatte Schulterpolster und als Kind zwang mich meine Mutter in etwas, dass man heute Leggings nennen würde. Für eine Dauerwelle hatte ich kein Geld.
Aber das waren GSD andere Zeiten!
Über eine Rot-Grün-Sehschwäche verfügt auch Herr Koch. Aber das ist ein anderes Thema.