Jonagored, Novajo
Elstar, Karmijn, Rubi
Winterprinz, Ontario
Gravensteiner, Fuji
Berlepsch, Melrose, Ida Red
Kannst Du mal versuchen
Und Geheimrat Oldenburg
Für den Apfelkuchen
(Blumfeld, Apfelmann)
Plötzlich steht er vor mir, der Riese in der Kittelschürze, und schaut mich mit ernster Miene an. Ich erwarte, dass gleich etwas sehr bedeutungsvolles passieren wird. Wortlos streckt er mir seine Hand entgegen, darin ein Teller, darauf in mundgerechten Stücken sorgfältig drapierte Apfelscheiben. „Mal probieren?“, er so. „Warum nicht?“, ich so. „Und?“ „Gut.“ „Und?“ „Ich nehm zwei.“ „Ja?“ „Na gut, drei.“ Er wiegt die Äpfel einer alten Sorte, deren Name mir schon auf dem Weg nach Hause entfallen sein wird, und reicht mir eine prall gefüllte Papiertüte. Ich zahle einen Betrag, für den ich im Discounter meines Vertrauens die Zutaten für ein Drei-Gänge-Menü erwerben könnte. Aber das ist egal. Ich habe jetzt drei Äpfel und ich werde sie essen.
Es kam sehr plötzlich und verschwand nimmer. Immer wenn ich mit dem linken Fuß den Boden berühre, quietscht der Schuh. Nicht sonderlich laut, aber doch deutlich wahrnehmbar. Ist die Umgebung leise, etwa im Büro, wenn alle konzentriert hinter ihren Bildschirmen sitzen und Minesweeper spielen oder was auch immer tun, und ich den Gang entlang gehe, dann richten sich die Köpfe auf und die sich in ihnen befindenden Augenpaare starren mich allesamt an.
Das ist schlimm, aber das ist noch nicht das Schlimmste. Bei jedem Quietschen denke ich „Erna, der Schuh quietscht“, natürlich in der norddeutschen Übersetzung von Harry Rowohlt, und ob Robert Gernhardt wohl je einen quietschenden getragen hat. Seit ein paar Tagen nun schon laufe ich mit dem quietschenden Sneaker herum. Tatsächlich, hast Recht, boschi, der Schuh ist am Quietschen. Und so geht es immer weiter und ich denke, was doch so ein nadelnder Baum für ein verhältnismäßig kleines und vorübergehendes Ärgernis ist.
Aber ich ich bin ja Blogger, und falls hier zufällig jemand von einer Schuh-PR-Firma mitlesen sollte, bitte ich um Zusendung eines bequemen und wintertauglichen Sneakers in der Größe 46. Im Gegenzug würde ich dem Hersteller auch einen Beitrag widmen – 1a Schuh-Content sozusagen. Falls nicht, ist’s auch egal. Dann kaufe ich mir eben selbst einen neuen nichtquietschenden Schuh. Vielleicht gönne ich mir sogar ein Paar.
Richtige Post-Filialen gibt es ja kaum noch. Wir haben in der Nachbarschaft einen Post-Shop. Dieser teilt sich die Räumlichkeiten und das Personal mit einem Lotto-Zeitschriften-Tabak-Laden. Wann immer mich mein Zusteller nicht antreffen kann, landen meine Pakete im Lotto-Zeitschriften-Tabak-Post-Shop. So auch heute.
Samstags ist es hier immer besonders voll. Alle, die unter der Woche keine Zeit haben, holen dann ihre Amazon-Pakete ab oder schicken ihre Zalando-Bestellungen zurück und sind dabei schlecht gelaunt. Vermutlich weil sie wieder nicht im Lotto gewonnen haben. Die meisten von ihnen spielen zwar gar kein Lotto, sind aber trotzdem schlecht gelaunt. Sie haben ihren Retourenschein vergessen, keinen Ausweis dabei oder möchten Bargeld abheben, obwohl der Lotto-Zeitschriften-Tabak-Post-Shop keine Postbank-Dienstleistungen anbietet. Andere wiederum brauchen gar keinen Grund, sie sind einfach nur so schlecht gelaunt.
Fast hätte ich mich heute auch zur Übellaunigkeit verleiten lassen. Als ich an der Reihe war, teilte man mir nach einer Viertelstunde des ratlosen Suchens mit, dass meine Sendung nicht auffindbar sei. Man notierte handschriftlich meinen Namen und meine Telefonnummer auf einem Zettel. Auf diesem standen über mir noch etwa zwanzig weitere Suchaufträge ohne den Anschein einer Erledigung.
Wieder zu Hause angekommen überlegte ich mir bereits ein paar schmissige Zeilen für einen billigen Post-Rant, weil ich mir ja zum Jahreswechsel vorgenommen hatte, wöchentlich zumindest einen Artikel zu veröffentlichen. Aber da klingelte auch schon mein Telefon: „Wir haben Ihr Paket gefunden und Sie können es gleich abholen.“ Toll.
Jeden Tag ist die Betreiberfamilie dem verständnislosen Gezänk ihrer Kunden ausgeliefert, das stets samstags in der Aufführung des Musicals ‚Litte Post-Shop of Horror‘ gipfelt. Sie bleiben trotzdem immer freundlich. Ich sage Danke, Lotto-Zeitschriften-Tabak-Post-Shop-Betreiber-Familie.
Beim Browsen durch den lokalen Supermarkt wieder einmal über ein Produkt stolpern, dass ich gar nicht benötige, dem ich aber dennoch nicht widerstehen kann. „Frisches Obst – ready to eat“ verheißt das Etikett. In Trance greife ich also zur Convenience Coconut, die bereits in mundgerechte Stücke zerlegt ist. Kein Kokoswasser für mich, aber auch kein Hantieren mit Hammer und Meißel – so lautet der Deal. Wer aber hat die Kokosnuss gemacht?
Auf der Rückseite der Plastikverpackung ist zu lesen: Die Kokosnuss wurde von einem Unternehmen namens Havita Frischgemüse GmbH in Berlin hergestellt.
Das wirft allerlei Zweifel auf. Handelt es sich bei der Kokosnuss doch zum einen um gar kein Gemüse, genau betrachtet nicht einmal um eine Nuss – sie ist eine einsamige Steinfrucht. Zum anderen zeigt das Sattelitenbild der Lindenberger Str. 85 in Berlin-Pankow keinerlei Hinweise auf eine Plantage voller tropischer Palmengewächse. Statt „Bäume des Himmels“ findet der investigative Googlekartenbenutzer lediglich ein paar Fabrikgebäude, in denen die Frucht vermutlich lediglich zerteilt und verpackt wird.
Wieder also eine Lüge der Kokosnussindustrie? Ein bekanntes Kinderlied geht der Frage nach, wer die Kokosnuss geklaut habe. Wertvoller wäre es sicher, der Frage nachzugehen, wer die Kokosnuss gemacht hat.
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