Occupy Straßenkreuzung

Hasenfüßig warten sie, bis das Gewitter vorüber zieht: 30 Menschen der selbsternannten 99 Prozent. Sie legen keine Kaufhausbrände, nicht einmal eine Mittelklasselimousine zünden sie an. Sodann stellen sie sich auf eine vielbefahrene Straßenkreuzung in Berlin-Prenzlauer Berg, blasen in Trillerpfeifen, schlagen auf Trommeln und bringen den Verkehr zum Erliegen. Sie sind wütend, halten aber ihre Transparente so, dass man kaum erkennen kann, warum eigentlich. Sie sind gegen steigende Mieten und wollen ein Recht auf Stadt etc., so ihre Schriftzüge. Immerhin haben sie ihre Demonstration nicht angemeldet.

Ich bleibe kurz stehen und fühle mich spontan solidarisch mit den Demonstranten, weil sie natürlich irgendwie recht haben mit ihren Anliegen. Dieses Gefühl verstärkt sich, als mich ein gepanzerter Polizist sehr bestimmt am Überqueren der Straße hindert und mir eine Teilnahme an der Demonstration untersagt. Ich will lediglich die Straßenseite wechseln.

Einen Moment später wundere ich mich über die diffusen Forderungen der Demonstranten. Es ist einfach, gegen etwas zu sein. Zu formulieren, wie man etwas gern hätte und wie man dorthin gelangt, ist schwierig. (In allen Bereichen des Lebens.) Wer Bundespräsident werden will, sollte sich hüten, die Anhänger der Occupy-Bewegung als naiv zu bezeichnen. Ich will nicht Bundespräsident werden.

Nach etwa zehn Minuten bittet die Polizei via Lautsprecherdurchsage höflich um Räumung der Fahrbahn. Die Okkupierer kommen dem gern nach und die Fahrgäste, die in den Straßenbahnen festsitzen, können endlich heim in ihre überteuerten Mietwohnungen fahren. Derweil ziehen die Demonstranten weiter zur nächsten Straßenkreuzung. Das Raubtier Kapitalismus lässt sich von Trillerpfeifen und Trommeln nicht zähmen.

Berlin Trilogie

Möve im Felsenkeller

Möve im Felsenkeller

Wenn es so etwas wie eine „ehrliche Kneipe“ überhaupt gibt, dann ist es die Möve im Felsenkeller in Berlin-Schöneberg. Unaufgeregt geht es in der rustikal möblierten und wunderbar schummrig ausgeleuchteten Gaststätte zu. Es gibt Bier vom Fass und auf der Karte stehen kleine Gerichte wie Matjes oder Schinkenknacker.

Keine Musik spielt nervend im Hintergrund. Wir blicken in die Runde und ums herum sitzen Menschen aus der Nachbarschaft, die miteinander reden und trinken und wir reden und trinken ebenfalls. Die anderen Gäste sind zumeist deutlich älter als wir. Mein Freund T. sagt, das mache Hoffnung und wir stoßen auch darauf an.

Die Kellnerin mit der mütterlicher Strenge ist aufmerksam und sorgt dafür, dass unsere Gläser stets gefüllt sind. Obwohl die Bedienung eines Zapfhahns keine Raketenwissenschaft ist, glaube ich, der Mann hinter der Theke hat das Geheimnis des perfekt gezapften Bieres entdeckt. Nirgends nirgends schmeckt es so gut wie hier, wohltemperiert. Kurz vor Schluss wollen den Aufbruch einleiten, indem wir zwei kleine Biere bestellen. Kleine Biere gibt es nicht, also nehmen wir zwei große. Das ist auch besser so.

Tschüss, altes Haus 2

Tschüss, altes Haus.