Warteschlangengeschichten Teil 11: 3 in 1

Apotheke am Rothenbaum
Apotheke am Rothenbaum

1. Im Discounter

Vor mir an der Kasse steht eine junge Frau, die zwei Schachteln Zigaretten der Hausmarke erwerben möchte. Ihr jugendliches Antlitz veranlasst die Kassiererin nach dem Personalausweis der Kundin zu Fragen, um deren Volljährigkeit zu verifizieren. Freudestrahlend zückt die Kundin ihr Ausweispapier, nicht ohne wort- und gestenreich zu bekunden, dass sie dies gewohnt sei, schließlich sehe sie für ihr Alter ja noch sehr jugendlich aus und das sei ja besser als umgekehrt, auch wenn es als Zwölfjährige ein Vorteil sei, in Kinofilme für Sechzehnjährige zu kommen, aber mit zunehmendem Alter sei es ja irgendwie doch besser, jünger auszusehen als man tatsächlich ist und so weiter. Auch nach Beendigung des Kassiervorganges konnte sich die Zigarettenraucherin vor lauter Begeisterung ob ihres geschmeidigen Äußeren nicht vom Kassenbereich lösen. Um die Angelegenheit etwas zu beschleunigen, verwies ich darauf, dass sie nur ihren Zigarettenkonsum intensivieren müsse, dann werde sich das „Ausweisproblem“ sicher bald von selbst erledigen. Zügig packte sie ihre Schachteln mit der warnenden Aufschrift „Rauchen lässt ihre Haut altern.“ ein und zog wortlos von dannen.

2. Im Bagelladen

Ich: „Guten Tag, ich hätte gern ein halbes Dutzend Bagels.“
Verkäuferin: „Nehmen Sie doch sechs Stück, dann bekommen Sie einen gratis.“

3. Vor der Apotheke

In Hamburg gibt es 447 Apotheken, statistisch gesehen also an jeder zweiten bis dritten Ecke. Heute führte mich mein Weg gleich zwei Mal an einer Pharmazie in der Rothenbaumchaussee vorbei. Warum sich gerade hier eine an die östliche Seite des vormals geteilten Deutschlands erinnernde Warteschlange bis weit vor das Ladengeschäft bildet, hat sich mir nicht erschlossen.

————————————-
Hier gibt es weitere Warteschlangengeschichten.

Warenwelten #3: Leergutautomat. Eine Erzürnung.

Meine Großeltern väterlicherseits hatten beim Aufsuchen dieser Supermarktkette immer die größte Freude. Woche um Woche studierten sie genau das der örtlichen Zeitung beiliegende Prospektmaterial. Gab es bei dem von ihnen immerzu als „Konsum“ bezeichneten Discounter wieder einmal Blumenkohl im Sonderangebot, selbstredend riesige Köpfe für nur eine Mark, so schreckten sie nicht davor zurück, mit dem Automobil einen Weg durch die gesamte Stadt zurückzulegen, um das Gemüse zu dem wahrlich günstigen Preise zu erwerben. Benzin war schließlich damals billig und Klimaschutz noch gar nicht erfunden.

Auch heute noch suche ich regelmäßig einen Markt dieser Kette auf, allerdings muss ich dafür nicht die Stadt durchqueren, sondern lediglich die Straßenseite wechseln. Eine Begeisterung für den „Konsum“, wie ihn meine Großeltern in Anbetracht des erschwinglichen Gemüses an den Tag legten, will sich bei mir jedoch nicht entfalten, obwohl dort heute sogar niedrigpreisiges Biogemüse feilgeboten wird.

Meine Konsumbesuche machen mich, im Gegensatz zu meinen Großeltern, denen das Aufsuchen dieses Einzelhändlers stets die größte Freude bereitete, häufig sogar zornig. Dies ist besonders dann der Fall, wenn es gilt, das Leergut an dem dafür vorgesehenen Automaten zurückzugeben. Die Rückgabe von bepfandeten Einwegflaschen gipfelt jedes Mal in einem Kampf zwischen Mensch und Maschine.