Schlaftrunken

Frühmorgens schlaftrunken nachhause kommen. Auf dem Weg Begegnungen mit Nachtschwärmern und Flaschensammlern. Obschon es taghell ist, überall Suchende. Der eigene Gang so schleppend wie der der anderen. Auf dem Boden der U-Bahn verschüttetes Bier und Kotze. Scheinbar ankommen. In der Küche das restliche Pulver zusammenklauben und den dünnsten Kaffee der Welt kochen. Dann mit letzter Kraft das Hochbett erreichen. Müde sein und doch nicht schlafen können. – Gedankenkreisen. Und was man auch nicht weiß: Wie das alles noch werden soll.

Übergangsjacke

Dann ist wieder Frühling und man sitzt im Biergarten auf harten Bänken, um frischgezapfte Biere aus großen Gläsern zu trinken. Nicht im schönen Prater oder im Englischen Garten unter dem Chinesischen Turm, wie noch im vergangenen Jahr, sondern ganz woanders und mit neuen Menschen. Sonst scheint alles wie immer zu sein:

Man trägt eine ganz leichte Sommerjacke und sobald die Sonne ihr wohliges Strahlen wieder einstellt, wünscht man sich eine wärmendere. – Keine ganz wintertaugliche Oberbekleidung, sondern irgendetwas dazwischen. Dann wundert man sich ein bißchen darüber, warum das Konzept der Übergangsjacke gemeinhin mit Geringschätzung betrachtet wird, trinkt noch einen letzten großen Schluck und geht.

Ankündigung

„Ich bin nämlich eigentlich ganz anders,
aber ich komme nur so selten dazu.“

(Ödon von Horváth)

Was gestern noch bedeutsam erschien, erkennt man heute als Unrat (et vice versa). Es ist keine schöne Erkenntnis, sich so sehr in einer Sache getäuscht zu haben. Nach all dem, was geschehen ist, wird klar, dass es nicht wie bisher weitergehen kann.

Daher hat sich der Autor dazu entschlossen, dieses Weblog zu öffnen: Multiple Persönlichkeiten werden ebenhier fortan die Feder führen, um triste Fotografien mit fahrigen Bildlegenden zu versehen. Zur Förderung der Verwirrung des Rezipienten, werden sämtliche Verfasser unter dem bewährten Pseudonym bosch in Erscheinung treten.

Möglicherweise werden Sie sich fragen, ob die boschs jetzt komplett verrückt geworden sind. Mit einer Stimme werden wir Ihnen dann sanft entgegenhauchen: Und wenn schon?

Der Musikkritiker

Es gehört zu meinen Pflichten
Schönes zu vernichten. –
Als Musikkritiker.

(Georg Kreisler)

Schon damals in der Bar war ihm das Erscheinen des Musikkritikers suspekt. Zwar wurden sie einander nie vorgestellt, doch erkannte er den Musikkritiker sofort. Ein paar Wochen später begegneten sie sich zufällig auf der Straße. Ganz nah gingen sie aneinander vorbei – fast konnten sie gegenseitig ihren Atem spüren. Der Musikkritiker wusste vermutlich nicht, wer er war. Obwohl er noch nie in seinem Leben die Hand gegen irgendjemanden erhob, hätte er dem Musikkritiker damals am liebsten so richtig eins auf die Fresse gehauen.

Er musizierte zwar nur leidlich und der Musikkritiker hat nie auch nur einen Ton von ihm gehört, geschweige denn ein Wort über ihn geschrieben. Trotzdem glaubte er, gute Gründe gehabt zu haben, den Musikkritiker zu verprügeln. Noch lange danach, meistens dienstags, bereute er ein wenig die verpasste Chance. Geändert hätte es damals aber auch nichts. – Zumindest nicht zum Guten.