Vogel Strauß

Wie sinnlos die Welt dir erscheinen mag, vergiss nie,
dass du durch dein Handeln wie durch dein Unterlassen dein
redlich Teil zu dieser Sinnlosigkeit beiträgst.
(Arthur Schnitzler)

Obwohl seine Augen größer sind als sein Gehirn, weiß der Vogel Strauß, dass es keine Lösung ist, bei drohender Gefahr, den Kopf in den Sand zu stecken. Der Irrglaube, er täte ebendies, hält sich zwar hartnäckig, ist jedoch einer falschen Beobachtung geschuldet. Tatsächlich legt sich der Struthiu camelus flach auf den Boden, um bei Fährnis sein Nest zu schützen.

Die Dinge sind zuweilen anders als sie erscheinen.

Aktives Handeln

What good am I if I know and don’t do?
(Bob Dylan)

Endlich hat er eine Entscheidung getroffen, wie all das weitergehen sollte. Eine kleine Schlacht im Krieg gegen das eigene Phlegma war nun gewonnen; er hat sich für die Umschulung zum Pornorapper angemeldet. Vielleicht war das nicht ganz genau das Richtige für ihn, aber irgendwas musste passieren. „Stop da fat lethargy, MC“, summte er ein wenig zu selbstzufrieden vor sich hin, aber dies war die einzige Chance, ein paar Props zu erhalten. Dann ritt er auf den nassen Straßen der Stadt dem Turm, der über alles ragte, entgegen. – So weit ihn sein totes Pferd trug.

Immer nie am Meer

Ich, Rügen, 2008.

Einen kurzen Moment davon träumen, frische Luft zu inhalieren, den Blick in die Ferne schweifen zu lassen und dem Rauschen der Wellen zu lauschen etc. Dann plötzlich vom Lärm des Müllwagens vor dem Fenster geweckt werden. Gierig verschlingt er meinen Abfall und presst ihn zusammen, nimmersatt. Das Meer ist nur wenige hundert Kilometer entfernt und doch erscheint es unerreichbar. Sodann sisyphosgleich damit fortfahren, die Tonnen wieder zu befüllen, in der kommenden Woche erneut vom Krach des Müllfahrzeugs geweckt werden und auf das Abschmelzen der Polkappen warten, damit das Meer zu mir kommt.

Gravitation

Cappuccino

Ich nehme etwas Milch und zwei Löfel Zucker und rühre in der
Tasse, die vor mir steht. Dann nehme ich die Tasse hoch, trinke
und setze sie wieder ab.

Rolf Dieter Brinkmann,  Kaffee trinken (1)

Längst haben wir uns daran gewöhnt, dass alle Körper, wenn sie nicht daran gehindert werden, nach unten fallen, in Richtung Mittelpunkt der Erde. Es ist ein unabänderliches Naturgesetz, aber dennoch zuweilen lästig. Insbesondere wenn Dinge dabei Schaden nehmen. Wäre nun aber alles anders und befänden wir uns im Zustand der Schwerelosigkeit, der Körper immerzu schweben ließe, so brächte dies ganz andere Probleme mit sich.

Über diese Frage, die naturgemäß nur eine Ersatzfrage für die wirklichen Fragen sein kann, sinnierend im Kaffee rühren. Derweil von der Erkenntnis beschlichen werden, dass zwar tatsächlich alles anders sein könnte, es dann womöglich auf andere Art und Weise scheiße wäre. Dann den bereits erkalteten Kaffee mit großen Schlucken in sich hineinschütten usw.