Peer kann Papst – Warum Steinbrück der nächste Pontifex wird

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Heiliger Stuhl (Symbolfoto)

Der Papst-Rücktritt bewegt uns alle. Dabei ist er nur konsequent: in einer Demokratie wie dem Vatikan werden Ämter auf Zeit verliehen. Naturgemäß sind die Medien dieser Tage voller Spekulationen über die Gründe, insbesondere aber hinsichtlich möglicher Nachfolgekandidaten. Von der Wochenzeitung Die Zeit erreichte uns heute eine E-Mail mit dem Betreff „Blitzumfrage zum Papstrücktritt“, in der es heißt: „Sehr geehrter Leser, wie ist Ihre Meinung? […] Bedauern Sie den Rücktritt des Papstes? Ja/Nein. Als Dankeschön erhalten Sie 3 Wochen lang DIE ZEIT gratis frei Haus und sichern sich zusätzlich ein exklusives Dankeschön-Paket.“ Uns interessiert an dieser Stelle nicht das Bedauern, sondern vor allem, wie es nun weitergehen soll auf dem Stuhle Petri.

Dem Zeit-Herausgeber Helmut Schmidt, von dem der schöne Satz „Wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen“, können wir zwei Prognosen an die auch schon etwas zittrige Hand geben, die so sicher sind wie das Amen in der Kirche. Erstens: Die Zeit-Auflage wird sich entgegen dem Print-Trend dank Mailing-Aktionen wie dieser weiter himmlischen Höhen nähern und die Verkaufszahlen des Wir-sind-Papst-Fachblattes Bild in naher Zukunft übertrumpfen.

Zweitens: Er kann es. Wer? Natürlich Peer. Auf dem Weg ins Kanzleramt hat er zwar gerade gewisse Orientierungsschwierigkeiten, aber wenn der anstrengende Wahlkampf erst überstanden ist, wird Peer Steinbrück hieraus als gestärkter Papst hervorgehen.

Er ist ein Mann klarer Worte, niemand kann mit einer solchen Selbstgewissheit die Welt erklären wie Steinbrück. Er nimmt kein Blatt vor den Mund; in Zeiten von Glaubenskrisen und drängenden Fragen nach Missbrauch, Zölibat, Frauenordniation vertritt er gemäßigt fortschrittliche Positionen. Auch der interreligiöse Dialog ist für den von der großen Koalition gestählten Steinbrück eine leicht zu überwindende Hürde. Dank der Mitglieder seines jetzigen Wahlkampf-Teams verfügt der kommende Mann auf dem Apostolischen Stuhl über exzellente Kontakte zu Laienorganisationen, die für ihn in Zukunft von allergrößtem Wert sein dürften

Peer Steinbrück wird ein weltoffener Papst sein, der sich auch vor neuen Medien nicht verschließt. Nachdem er sich lange weigerte, mit den Menschen über Social Media zu kommunizieren, hat er in den vergangenen Wochen beachtliche Schritte nach vorn gemacht. Großes Ansehen hat sich der Kandiat verschafft, als er mittels Hacker-Angriff das sogenannte PEERblog, ein von anonymen Opus-Dei-nahen Unternehmern finanziertes Unterstützungsmedium niederstreckte. Auch als Papst wird er von zahlreichen Interessensgruppen, wie Martin Lohmanns Bibel-TV („Die Sache mit der Selbstentscheidung der Frau ist ja vielschichtig.“) stark umworben sein. Hier heißt es, klare Kante zu zeigen und sich deutlich zu distanzieren. Peer Steinbrück wird sich nicht mit den falschen Papstflüsterern gemein machen. Dank erworbener Twitter-Skills wird er mit Leichtigkeit die frohe Kunde über seinen neuen Account @pontifex verkünden. Diese Fähigkeiten werden in der weltgrößten Glaubensgemeinschaft jetzt dringend gebraucht.

Der ehemalige Finanzminister kennt sich mit Geld aus. In kürzester Zeit wird er den Trend der rückläufigen Kirchensteuereinnahmen entgegenwirken; dank Honorareinnahmen für Predigten und Audienzen sowie Sponsorenschaften für Kirchen und Gottesdienste wird die Kasse des Vatikans bald saniert sein. Das sind gute Aussichten, von denen auch die Ungläubigen profitieren werden. Kopfschmerzen nach Gottesdienstbesuchen werden bald der Vergangenheit angehören, denn dank stabiler Haushaltslage, wird bald ausschließlich Messwein ausgeschenkt, der teurer als fünf Euro pro Flasche ist. Selbstverständlich werden unter Steinbrücks Pontifikat auch die Transparenzprobleme der Vatikanbank bald der Vergangenheit angehören.

Natürlich gibt es auch Unwägbarkeiten, die gegen Peer Steinbrück sprechen. Mit Dan Brown und Annette Schavan sind zwar in Vatikanverschwörungen und theologisch-moralischen Angelegenheiten ernstzunehmende Gegenkandidaten im Rennen, jedoch werden ihnen nur noch Außenseiterchancen eingeräumt. Weiterhin hat der designierte Katholikenkandidat Steinbrück bislang noch keine Wahl gewinnen können. Dies lag jedoch peernahen Kreisen zufolge an seiner Unbeliebtheit bei Frauen. Die Wahrscheinlichkeit hieran beim nächsten Konklave zu scheitern, dürfte äußerst gering sein.

Das Wichtigste: Peer Steinbrück wird ein Papst des Volkes sein, einer der sich nicht hinter den Mauern des Vatikans und im dienstlichen Papamobil verschanzt, sondern einer, der auf die Menschen zugeht und das Gespräch mit ihnen sucht. So hat er angekündigt, auch als Pontifex maximus ausgewählte Gemeindemitglieder zu Hause auf einen Eierlikör zu besuchen. Wir freuen uns darauf, wenn es kurz vor Ostern heißt „Habemus Peer!“ – Peer kann Papst.

Gegendarstellung zu Markus Lanz vom 17. Juli 2012

In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ vom 17. Juli 2012 (Link zur Mediathek) wurde über die Umstände des Rücktritts des ehemaligen Sprechers der Piratenpartei, Christopher Lang, gesprochen. In Minute 31 sagt der Moderator Markus Lanz folgenden Satz:

„Und Sie wurden dann plötzlich angegriffen […] Sie haben dann einen sogenannten Shitstorm, so nennt man das glaube ich, erlebt. Sie sind also speziell durch Internetdienste – Twitter, Facebook, alles, was es da gibt – ganz massiv aus der eigenen Partei heraus angangen worden, unter anderem mit dem schönen Satz: ‚Demnächst brauchen wir einen Pressesprecher, der in der Lage ist, einen Satz geradeaus zu formulieren.‘ Das ist nicht die feine englische Art.“

Gleichzeitig wird der von mir verfasste Tweet „Was der nächste Pressesprecher können sollte: einen geraden Satz schreiben“ eingeblendet, wobei mein Pseudonym leicht unkenntlich gemacht wurde. Es entsteht der Eindruck, dass ich Mitglied der Piratenpartei sei.

Hierzu stelle ich fest:

  1. Ich bin kein Mitglied der Piratenpartei und war zu keinem Zeitpunkt Mitglied der Piratenpartei.
  2. Mein Tweet bezieht sich auf die unzulänglichen stilistischen und grammatikalischen Fähigkeiten des zurückgetreten Pressesprechers, die in seiner Erklärung zum Rücktritt deutlich hervor treten.
  3. Lanz kocht kackt.

Bedrucktes Papier

Mein Artikel in "der Freitag" vom 16. April 2012

Es ist etwas anderes, einen eigenen Text auf Papier zu lesen, gedruckt in einer Zeitung. Was sonst manchmal ein bisschen ins Internet hineingeworfen scheint, wirkt dadurch plötzlich viel bedeutender.

Die Wochenzeitung der Freitag hat mich gebeten, 6000 Zeichen über Instagram zu schreiben (hier kann man den Artikel im Netz lesen). Das habe ich gern getan und doch sind mir einmal mehr die Vorzüge des Bloggens bewusst geworden. Als mein Beitrag erschien, dachte ich an Peter Struck, den früheren Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion. Er sagte einmal: „Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es eingebracht wird.“ Ebenso verhält es sich auch mit Autorentexten für die klassischen Medien. Dieser Vorgang heißt Redaktion.

Früher habe ich einmal in einer Bank gearbeitet. Ein großer Teil meiner Arbeitszeit bestand aus Korrespondenz mit Kunden. Ich hatte eine Vorgesetzte, die ihr Dasein allein damit rechtfertigte, in meinen Briefen herumzustreichen, ohne dadurch etwas wirklich zu verbessern. Schrieb ich „des Weiteren“, änderte sie es in „darüber hinaus“ und umgekehrt. Was ich auch schrieb, es gab immer einen Grund, die Mappe mit dem Brief an mich zurückzugeben, denn es gab noch die Wendungen „ferner“, „außerdem“, „daneben“, „weiterhin“ und viele andere mehr. Bankkaufleute kennen 200 Wörter für „des Weiteren“. Die Vorgesetzte hätte sicher auch eine prima Redakteurin abgegeben.

An meinem Artikel für den Freitag hat die Redaktion nur wenig geändert. Dass man ihm eine andere Überschrift gegeben und wenige Wörter behutsam ausgetauscht hat: geschenkt. Irgendwann kam ich jedoch auf den technischen Fortschritt in der Handyfotografie zu sprechen und dass ich mich machmal wundere, meinen Fotoapparat sogar gelegentlich zum Telefonieren zu benutzen. Dem folgend wurde ein vollständiger Satz, der nicht einmal im Ansatz von mir stammte, hineinredigiert: „Ich meine mein Smartphone!“ Ein solch hysterischer Ausrufesatz ist niemals meinem Kopf entsprungen und durch meine Finger geflossen. In meinem Blog gäbe es so etwas nicht, ich distanziere mich von diesem Satz.

Euro-Wut-Teller

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In trauter Runde sitzen die journalistischen Speerspitzen von BILD und SPIEGEL ONLINE in der neuen Gemeinschaftskantine und feiern den Fall des geschiedenen Bundespräsidenten.

Aber nach der investigativen Niedertracht ist vor der Medienkampagne. Und so entwickelt die neue Allianz der Hetzmedien gemeinsam die Vision der totalen Euro-Wut. Wie ein Frosch sitzt Griechenland im Topf, während die vierte Gewalt langsam die Temperatur hochdreht. Freilich darf dabei niemand merken, dass die Wirtschaftsjournalisten mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund, die einst auf einem Ein-Tages-Kurs bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihres Vertrauens das Bilanzenlesen lernten, jahrelang nicht allzu genau hingeschaut haben. Obschon die Anzeichen der Krise freilich nicht allzu schwer erkennbar gewesen wären.

Und so schaufelt man noch ein letztes Mal, bevor man Hand in Hand die Gemeinschaftswährung auf Ramschniveau herunterschreibt, große Berge von Gyros in sich hinein und spült diese mit Ouzo herunter. Die letzten Eypos haben die Verlage in neues Geschirr investiert. Großmutters Währungsreform-Wandteller lieferten mit ihrem Schriftzug die Vorlage: „Iss und trink, solang Dir’s schmeckt. Schon zweimal ist uns ’s Geld verreckt.“ Die Mahlzeit ist vorzüglich, die Küche hat ihr AAA-Rating erfolgreich verteidigt. Das Ekelfleisch ist in den Köpfen.