Post an Wagner: Jetzt wird zurückgeschrieben

BILD, 7. November 2011

Lieber Franz Josef Wagner,

auch Sie haben alles falsch gemacht. Vielleicht wäre es für die BILD leichter, einen Nachfolger zu finden, wenn Sie die Merkmale vorgerückten Alters aufwiesen.

Falsche Themen setzten, irre Thesen aufstellten. Briefe voller Rechtschreibfehler schrieben.

Ihr Brief an Thomas Gottschalk ist der beste, den ich seit langem las. Es waren Zeilen der Liebe, wie sie Paul Celan an Ingeborg Bachmann nicht schöner hätte formulieren können.

Sie haben die Gabe, uns mit Ihren Worten zu fesseln. Ich glaube nicht, dass es einen zweiten Wagner geben wird. Es gibt auch keinen zweiten Goethe, zweiten Schiller.

Martenstein sagte ab, weil er klug ist. Weil Sie klug sind.

Die BILD wird ein leeres Blatt ein leeres Blatt sein. Niemand schreibt mehr Briefe.

Das Blatt ist leer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass auf diesen Seiten Rowohlt, Hacke, Moreno, Sonneborn schreiben werden.

Wenn Sie einmal nicht mehr schreiben werden, ist die BILD für mich gestorben.

Herzlichst,

bosch

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Franz Josef Wagner schreibt täglich Briefe. Nun soll er auch einmal Post erhalten.

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Verlag ohne Medium

SPIEGEL ONLINE
SPIEGEL ONLINE, 6. Oktober 2011

SPIEGELs Zukunft
Verlag ohne Medium

Der neue Aufmacher enttäuscht, das journalistische Feingefühl des Chefs vom Dienst auch. Der SPIEGEL steht nach dem Tod von Rudolf Augstein vor schweren Zeiten. Ohne dessen visionäre Kraft droht der Verlag seine Vorreiterrolle zu verlieren. Welche Strategie hilft jetzt? Von @bosch weniger…

Wörter Schaf Schnitt

Schaf

Sich jahrelang wundern, dass gewisse Menschen eisern darauf drängen, Interviews autorisieren zu wollen, obwohl diese ja nur das wiedergeben, was der Interviewte gesagt hat. Dann aber angesichts der TV-Ausstrahlung eines Kurzportraits trotz Erfahrung im Umgang mit Medien einsehen müssen, dass dieser zuvor als Unart abgetane Kontrollzwang durchaus seine Berechtigung hat. Wenn aus einem über zweistündigen Gespräch alle halbwegs geraden Sätze herausgeschnitten werden und man plötzlich als Schaf dasteht, ist es ein schwacher Trost, wenn das Fräulein und andere sagen, man sei „knuffig“. So etwas soll mir nicht wieder passieren. Schnitt.

Norwegen

Jetzt ist schon wieder etwas passiert. In den Redaktionen werden umgehend Agenturmeldungen mit gefühlten Beobachtungen angereichert, Medien verlieren sich in Mutmaßungen. Binnen Stunden werden die ersten Experten interviewt und im Internet soziale Netzwerke nach Tätern und Motiven durchforstet. Aber im Grunde wissen wir gar nichts.

Und bereits in wenigen Monaten wird auch dieses Unglück wieder vergessen sein. Die nächste, dann noch neuere Katastrophenmeldung folgt garantiert. Alles macht weiter.