Instagram-Nirvana – Zensur Nevermind

2015-02-22 19.24.12

Nirvana (dt. „Erlöschen“) bezeichnet ein buddhistisches Konzept, das den Austritt aus dem Leiden beschreibt. Verweht werden damit auch alle verbundenen falschen Vorstellungen des persönlichen Daseins.

Kommenden Donnerstag findet in Berlin die German Aeropress Championship statt. 32 Teilnehmer versuchen dabei mittels eines vom Frisbee-Hersteller Aerobie erfundenen Plastikkolbens ein möglichst schmackhaftes Kaffeegetränk zuzubereiten. Der Gewinner vertritt Deutschland im April bei der Weltmeisterschaft in der Grunge- und Kaffeehauptstadt in Seattle.

Im Vorfeld wurden die Wettbewerber gebeten, ein möglichst kreatives Aeropress-Foto von sich einzureichen, das der Veranstalter nutzt, um die Teilnehmer in sozialen Netzwerken vorzustellen. Mein Foto zeigt eine Adaption des bekannten Albumcovers Nevermind der Band Nirvana. Das Baby trägt darauf meinen bärtigen Männerkopf, statt auf eine Dollarnote schwimme ich auf eine Aeropress zu.

Bereits bei der Veröffentlichung der Platte gab es Diskussionen, ob der gut sichtbare Penis des Babys für Unmut in der Öffentlichkeit sorgen könne. Dennoch entschied sich die Plattenfirma für die nackte Wahrheit. Der Instagram-Community war meine kleine popkulturelle Referenz offenbar zu viel der Zumutung. Bereits nach wenigen Stunden wurde mein Foto vom Betreiber des sozialen Netzwerkes gelöscht. Ob es sich bei meinem Verstoß gegen die „Gemeinschaftsrichtlinien“ um eine Copyrightverletzung oder um eine Verletzung des strikten Nacktheitsverbotes handelte, blieb in der standardisierten Mitteilung, in der man mich zur Besserung aufforderte, offen.

„Instagram soll sicher sein und Spaß machen“, heißt es darin. Auf die Darstellung von Ikonen der Popkultur muss dabei jedoch leider verzichtet werden. Das klingt wie Hohn, wenn man bedenkt, dass Heckenschützen aus aller Welt auf der Plattform zu Tausenden stolz Fotos und Videos ihrer Tötungsmaschinerie präsentieren dürfen.

Nevermind. In diesen Momenten bin ich kurz froh, dass mein Foto aus dem Leiden der sozialen Netzwerke ausgetreten ist, um sein Nirvana in meinem eigenen Blog zu finden. Hier kann es ohne die Bigotterie eines amerikanischen Internetkonzerns eines Tages in Frieden erlöschen.

Gastbeitrag auf jahrgangsgeraeusche.de: Woher ich eigentlich die Beatles kenne

There are places I remember
All my life, though some have changed.
Some forever not for better
Some have gone and some remain.

(Lennon/McCartney, In My Life)

Die Beatles kennt jeder. Aber woher eigentlich?

Früher hatte ich eine Mitbewohnerin, deren Fahrrad George hieß. Um ihre kostbaren Beatles-Schallplatten zu schonen, hat sie alle Alben auf Kassette aufgenommen, und hörte ausschließlich die Kopien ab. Ihre größte Sorge jedoch war, dass künftige Generationen die Musik der Beatles nicht mehr kennen könnten. Zum Glück war ich zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens mit dem Schaffen der Liverpooler bereits einigermaßen vertraut – vermutlich eine grundlegende Bedingung für unser späteres Zusammenleben.

Weiter geht es in meinem Gastbeitrag auf Jahrgangsgeräusche, dem Blog für Popkultur und unbedingte Zonen.

Hello It’s Me

„I’m sorry that I doubted your good heart
things always seem to end before they start.“
(Lou Reed, Hello It’s Me)

Im April 1990 erschien das Album „Songs for Drella“ eine Hommage an Andy Warhol. Seit 1972 hatten John Cale und Lou Reed, beide ehemalige Mitglieder von The Velvet Underground keine Musik mehr zusammen gemacht und nun dieses wunderbare Konzeptalbum.

Irgendwann im Leben verändert sich die Musik, die man mag, wohl nicht mehr allzu stark. Damals allerdings war ich noch sehr auf der Suche. In der städtischen Bücherei konnte man die aktuellen Ausgaben des Musikexpress und der Rolling Stone einsehen, wovon ich ausgiebig Gebrauch machte. Der örtliche Plattenhändler hieß „Zapp Records“ und der Verkäufer Elvis. Er machte einen zumeist zugedröhnten Eindruck und wie alle Plattenhändler schien er nicht seinen Job, wohl aber seine Kunden zu hassen. Bestellungen nahm er nur widerwillig entgegen, umso größer war die Freude, wenn ein gesuchtes Album tatsächlich einmal verfügbar war: so auch in diesem Falle.

Obwohl lediglich eine vage Ahnung von Warhol und der Factory hatte, habe ich diese Platte damals rauf und runter gehört: melancholisch und poetisch ist das Werk; eine Geige ist dabei, aber trotzdem kein Kitsch. Besonders geliebt habe ich „Hello It’s Me“. Soeben zufällig wiederentdeckt, bekomme ich noch immer eine Gänsehaut, wenn ich dieses Stück höre. Damals habe ich mir vorgestellt, dass das Lied einmal auf meiner Beerdigung gespielt werden solle. Einige Teilnahmen später glaube ich jedoch, dass Musik aus der Konserve die Stimmung bei derartigen Anlässen auch nicht sonderlich hebt.

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Dies ist ein Beitrag aus meiner Serie “Der Soundtrack meines Lebens”. Weitere Beiträge dazu finden sich hier.