Einen Balkon müsste man haben, denkt man sich, wenn man in einer Wohnung ohne einen solchen offenen, betretbaren Vorbau, der aus einem Stockwerk eines Gebäudes herausragt, lebt. Oh, wie schön ist Balkonien, man sitzt dort mit einem guten Buch bei einem Glas Rotwein und genießt den Blick auf die untergehende Sonne.
Tatsächlich zeigt das Thermometer statt der angekündigten 22 meist lediglich 4 Grad Celsius. Deutlich hörbar vernimmt man wochentags hämmernden Baulärm und am Wochenende rasenmähende Kleingärtner, deren Grillfleischgeruch einem zu jeder Tageszeit perfide in die Nase kriecht. Kehrt vorübergehend Ruhe ein, beginnt es umgehend zu regnen. Durch die reinigungsbedürftige Glasscheibe der Balkontür beobachtet man dann, wie Gartenmöbel auf der an dem Gebäude anhängenden Freifläche von der Witterung gezeichnet werden.
Nur einen Tag im Jahr genießt man das Leben als Balkonbesitzer. Dann blendet die Sonne allerdings gerade so stark, dass das Lesen eines Buches unmöglich gemacht wird und außerdem ist an diesem Tag niemals trinkbarer Rotwein im Haus. Der monatliche zu entrichtende Mietzins einer Balkonage in einer deutschen Großstadt dürfte in etwa der Miete eines Briefkastens in Panama entsprechen. Dafür könnte man stattdessen einmal im Jahr einen wirklich schönen Urlaub verbringen. Mit Sonne, Ruhe und Rotwein. Oh, wie schön ist Balkonien …
An einem lauen Sommerabend sitzen wir zusammen im Café und bestellen eine Flasche Wein und eine Flasche Wasser. Während beim Wein die größte Einigkeit besteht – wir trinken Weißwein, kein ausgezeichnetes Spitzenprodukt, aber immerhin den teuersten, der auf der Karte steht – diskutieren wir über das Wasser und bestellen schließlich, weil sie es so möchte, Wasser mit Kohlensäure. Leider schmeckt der Wein nicht, wir können es nicht genau beschreiben, aber er ist zu warm und verfügt über eine muffige Beinote. Hätten wir nur ein Glas des schlechten Weines klaglos heruntergespült, so ist uns dies mit einer ganzen Flasche unmöglich, und so veranlasst sie mit ihrem ganzen Charme, uns eine neue Flasche bringen zu lassen. Abgesehen davon, dass der Wein zu warm sei, hat er einen unschönen Geschmack, so sie, die im Gegensatz zu mir über einen ganz ausgezeichneten Geschmackssinn verfügt, zu der etwas ungläubigen Kellnerin. Wir hätten schon eine Menge Grauburgunder getrunken, aber keiner war so unzulänglich wie dieser, woraufhin uns die Bedienung eine neue Flasche an den Tisch bringt. Auch dieser Tropfen ist wahrlich kein Katapult in den Weinhimmel, aber immerhin wohltemperiert und trinkbar. Und so trinken wir und reden über dieses und jenes, wie man es zu tun pflegt, wenn man bei einer Flasche Wein beieinander sitzt. Ist mir nach diesem Abend weniger der Wein erinnerlich, so möchte ich, nachdem ich Wasser mit Kohlensäure jahrelang mit der größten Verachtung gestraft habe, seitdem immerzu kühles Sprudelwasser trinken.
Was sich manchmal lohnt: Machen Sie einfache Dinge kompliziert. Möchten Sie jemanden beeindrucken, z. B. um leichter Zugang zu ihrem oder seinem Schlafgemach zu gelangen, so greifen Sie ruhig einmal beherzt zum Kochlöffel (seien Sie aber auch darüber hinaus möglichst charmant). Weitaus schneller als mit einer Kochlehre oder einem liebevoll zubereiteten Kartoffelgratin erreichen Sie Ihr Ziel mit einer leckeren Pasta Walnuss-Gorgonzola-Sherry-Sauce. Natürlich können Sie dieses Gericht auch einfach dann zubereiten, wenn sich bei Ihnen ganz ohne irgendwelche Hintergedanken ein Hungergefühl einstellen sollte.
Hierzu brauchen Sie:
zwei Hände voll Walnusskerne (gibt es fertig geknackt zu kaufen, das spart eine Menge Zeit)
ca. 500 g Bandnudeln (nehmen Sie frische Pasta aus dem Kühlregal, die schmeckt viel besser)
ca. 150-250 g Gorgonzola (gibt es beim abgepackten Käse, hier gilt: viel hilft viel)
1 Flasche Sherry (kaufen Sie ruhig den günstigen für ca. 4 Euro/Flasche, aber trocken sollte er sein; natürlich benötigen Sie für dieses Rezept nicht den gesamten Flascheninhalt)
Pfeffer (am besten frisch gemahlen aus der Pfeffermühle) und Salz
und ganz wichtig
eine Portion Ehrlichkeit. (Sagen Sie ruhig, dass Sie nur einmal kochen werden, weil Sie nämlich überhaupt nichts anderes können.)
So überschaubar die Zutatenliste, so einfach die Zubereitung. Um den schönen Schein zu wahren, machen Sie ein möglichst großes Bohei um etwaige Zauberzutaten und Zubereitungstricks. Dazu ist es erforderlich, die zu bekochende Person nicht in ihre Töpfe gucken zu lassen, und schicken Sie sie mit einem Glas Wein ins Wohn- oder Esszimmer.
Los geht’s:
Zunächst die Walnüsse etwas mit der Hand zerbröseln und in der Pfanne rösten. Einfach die Pfanne erhitzen, kein Fett hinzugeben und aufpassen, dass die Nüsse nicht schwarz werden.
Dann den Gorgonzola in kleineren Stücken dazugeben und warten, bis dieser schmilzt. Außerdem das Ganze nach Belieben mit Sherry strecken. Die Pfanne sollte dabei nicht zu stark erhitzt werden – nicht dass sich am Ende alles verdampft. Alles sollte möglichst gemächlich vor sich hinköcheln. Nicht vergessen, die Sauce mit Pfeffer und Salz abzuschmecken und alles ab und zu ein bißchen umzurühren. Sie bekommen das schon hin – wenn Sie daran gedacht haben, das Nudelwasser zeitig aufzusetzen.
Nach ein paar Minuten des Köchelns wird die Sauce langsam fertig sein. Drehen Sie Temperatur etwas herunter und widmen Sie sich jetzt mit ganzer Aufmerksamkeit dem Nudelkochen. Haben Sie ausreichend Salz in den Topf gegeben? Toll! Frische Pasta benötigt nur ca. 2-3 Minuten im kochenden Wasser. Alles immer umrühren und merke: Die Sauce wartet gern ein wenig auf die Nudeln (umgekehrt ist dies leider nicht der Fall).
So, alles ist nun fertig, alles ist nun lecker. Mhhhhhh. Wer sich noch ein bißchen mehr Mühe geben will, serviert einen kleinen Salat als Beilage. Als Wein empfehle ich einen Pinot Grigio (Grauburgunder). Die feine Säure und so, Sie wissen schon. Guten Appetit!
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