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Editorial

Unhappy Birthday

Heute also ein Jahr älter,
Lacht nicht, ihr alle werdet sterben.
Im freien Fall und ohne Netz,
Tja, das Leben ist kein Wunschkonzert.

(Gustav)

Menschen, die halb so alt sind wie ich, sind bereits volljährig, aber noch lange nicht erwachsen. Nüchtern blicke ich auf meine Weggefährten, Freunde und Bekannte, allesamt im selben Alter wie ich: einer hat eine Katze, manche haben Kinder, einer hat Zwillinge, einer hat ein Haus, unzählige machen eine Psychotherapie, manche sitzen im Bundestag, andere sind Unternehmer, einer hatte Hodenkrebs, einer hat ein Haus gebaut, einer macht eine Psychoanalyse, einer ist Professor, eine hat geheiratet, einer ist kokainabhängig, einer ist verliebt, einer ist Investmentbanker, eine hatte Hautkrebs, eine ist Psychotherapeutin, einer ist weit weg, einer ist schon wieder geschieden, eine macht was mit Kunst, einer hatte einen Schlaganfall, eine hat Karriere gemacht, einer ist Staatsanwalt; eine tut immerzu, als sei alles okay und einer hat sich das Leben genommen.

Was noch kommen mag, man weiß es nicht. Vor vielen Jahren hat mich einst eine Freundin als arriviert bezeichnet. Damals habe ich mich daran gestört. Aber was ist eigentlich so verkehrt daran, anzukommen? Heute wünschte ich manchmal, ich wäre es. Zumindest ein bißchen.

11 Antworten auf „Unhappy Birthday“

Arriviert sein ist das eine, aber das Arriviert bleiben macht ja die Muehe, die man evtl. nicht pausenlos auf sich nehmen will. Deswegen darf man sich ueber den Geburtstag nach dem frueheren Arriviertsein schon noch freuen, meine ich. Ich wuensche jedenfalls alles Gute!

Ich weiß nicht genau, was arriviert bedeutet aber ankommen kann man doch auch darin, es nicht zu tun, was sich nicht widerspricht. Denn es kommt doch keiner an, wie diese Zusammenfassung der Leben zeigt. Die sind ja alle nicht vorbei des eines Wortes, das hier für sie gefunden wurde wegen.

Alles Gute (dennoch oder gerade deshalb) nachträglich von mir, einer, die da vermutlich auch irgendwo miterwähnt ist, sich zumindest wiederfindet (und ich habe weder Hodenkrebs, noch sitze ich im Bundestag).

Es geht ja gar nicht ums Ankommen, sondern ums Unterwegssein. Ankommen ist dann später, wenn das hier vorbei ist. Das ist ein großes Missverständnis, insgesamt, in der Menschheitsgeschichte und so. Mit diesen salbungsvollen Worten gratuliere ich nachträglich.

@Katja: Ach ja, man weiß ja nie so genau, worum es geht. Unterwegs sein ist okay, Verweilen ist okay, Weiterziehen ist okay. Was manchmal stört: Rastlosigkeit und Ungewissheit. Sei ’s drum. Trotzdem: Danke.

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