Hamburg Beer Week 2021

Links im Bild das eigens zu Hamburg Beer Week von 18 Brauer:innen gemeinschaftlich eingebraute Pale Ale. Zusammen mit dem Programm ist es in zahlreichen lokalen Supermärkten erhältlich. Wer noch mehr Abwechslung im Glas möchte, wird bei den Hamburger Craft-Beer-Brauereien fündig. (Glas: Craft Beer Glas von Stoelzle Lausitz)

Werbung | Sonderlich viel zu feiern gab es in den letzten Monaten ja eher nicht. Das muss sich ändern, dachten sich Jens Hinrichs von der Bunthaus Brauerei, Udo Spallek von Kurtkursiv/Emilienbier, Brian Schlede von BrewCraft, Daniel Hertrich und Axel Ohm von der ÜberQuell Brauerei und stellen für den 25.-29. August das Festival rund ums gute Bier auf die Beine.

War die Hamburg Beer Week im letzten Sommer nur ein Wochenende, denken die Macher dieses Mal alles größer. Sogar eine eigene Genossenschaft ist gerade in der Gründung, um das Event fest im Kalender der Stadt zu verankern. 

Das Gemeinschaftsprojekt „Unser täglich Bier gib uns heute“, zu dem ich auch ein paar Beiträge beisteuern durfte. Passend dazu das wunderbar hopfig-fruchtige Pils von Bunthaus. In deren Schankraum gibt es am Freitagabend eine Lesung aus dem Buch. Und Bier dazu. (Glas: Iserlohn Bierpokal von Stoelzle Lausitz)

Das ist naheliegend, denn noch im Mittelalter galt Hamburg mit etwa 500 Brauereien als das Brauhaus der Hanse. Vermutlich war damals 52 Wochen im Jahr Hamburg Beer Week. Mittlerweile sind es deutlich weniger Brauereien, aber erfreulicherweise ist die Tendenz – und vor allem damit auch die Biervielfalt – wieder steigend.

Bei mehr als 100 Veranstaltungen in über 30 Brauereien und Bier-Locations fällt es selbst nüchtern betrachtet schwer, den Überblick zu behalten – und da auch der leidenschaftlichste Biertrinker nicht alles schaffen kann, möchte ich hier ein paar meiner persönlichen Highlights empfehlen.

Das Bier aus dem Altonaer Brewpub Malto füllt Brauer Francesco jetzt auch in Dosen ab. Perfekt. (Glas: Weißweinpokal Power von Stoelzle Lausitz)

Hier meine dringenden Empfehlungen, die sich zeitlich jedoch leider teilweise überschneiden. Man kann nicht überall gleichzeitig sein, leider: 

  • HobbyBrau Hamburg @ Galopper des Jahres am Freitag und Samstag ab 17 Uhr: Die besten Biere stammen oft von engagierten und kreativen Hobbybrauern. Auch dieses Jahr tun sie sich zusammen und übernehmen den Hof des Galoppers am Schulterblatt. Gegen Spende für einen wohltätigen Zweck darf man ihre Kreationen verkosten.
  • Lambic + Geuze Weekend @ Bar Oorlam (leider ohne Link) ab 15 Uhr : Es gibt spontanvergorenes Bier und das sollte man auf keinen Fall verpassen.
  • Schneeeule + Analog Tap Takeover @ Malto am Freitag ab 17 Uhr: Schneeeule aus Berlin ist der Inbegriff von Berliner Weiße. Analog ist ihr neuer hopfiger Ableger. Am Freitag sind sie im Malto in Altona zu Gast. Eigens für diesen Abend für Gemeinschaftsblend kreiert. Wir dürfen gespannt sein. 
  • Simian Ales Tap Takeover @ Alles Elbe am Freitag ab 17 Uhr: Die beste Brauerei Elmshorns kommt. Aber da die schleswig-holsteinische Mittelstadt im weitesten Sinne zur Metropolregion Hamburg gehört, gemeinden wir sie mit Blick auf die außergewöhnlich guten Biere einfach ein. Brauer Ian kehrt an den Ort zurück, wo für ihn mit dem Bierbrauen einst alles begann. 
  • Tap Takeover mit CRAK aus Italien @ Craft Bier Bar am Freitag ab 17 Uhr: Eine der stabilsten Brauereien Europas, wenn es um hazy IPAs geht.
  • Lesung „Unser täglich Bier gib uns heute“ @ Bunthaus Schankraum am Freitag um 20 Uhr: Mit Bier in den Tag starten und zwar in jeden Tag, das geht ohne Kopfschmerzen mit den Bierlosungen. Vier der Autor:innen – Regine Marxen, Sünje Nicolaysen, Volker R. Quante und der Verfasser dieser Zeilen – lesen daraus ein bißchen und dazu gibt es Bier. Direkt im Anschluss um 21 Uhr Direkt davor um 19 Uhr liest Andres Krennmair aus seinem Buch über einen meiner Lieblingsbierstile: „Wiener Lager“. Alles draußen und mit reichlich Platz. Kommt alle!
  • Sour Crowd Fest @ Bunthaus Schankraum am Samstag ab 15 Uhr: Sauer macht lustig, besonders beim Bier. Mit Schneeeule, Kemker Kultuur und Flügge sind drei der interessantesten deutschen Brauereien am Start. Sauerkraut gibt’s als Beilage. 

Das ist natürlich nur ein winziger Ausschnitt. Wenn ich könnte, ich ginge ja überall am liebsten hin. Wer sich sich eigenes Programm kuratieren möchte, der finde unter diesem Link eine vollständige Listung aller Ereignisse. Eine übersichtlichere Aufstellung haben indes ein paar findige Enthusiasten hier ins Netz gestellt. 

 

Auch im Norden ein immer beliebterer Bierstil: Helles. Hier die wunderbare moderne Interpretation von Simian Ales. (Glas: Bierkrug Isar von Stoelzle Lausitz)

Ein eigenes Festival-Bier gibt es natürlich auch: 18 Brauer:innen haben sich für das besondere Pale Ale in der Brauerei Landgang zusammengetan und jeder von ihnen hat eine Zutat zum Gemeinschaftssud beigetragen. Schon jetzt ist es in Flaschen in zahlreichen Supermärkten erhältlich, aber noch besser schmeckt das kaltgehopfte obergärige Bier frisch vom Fass auf der Hamburg Beer Week. Eine eigene App zur HHBW21 gibt’s auch. Wer an einer Schnitzjagd durch die Eventlocations teilnimmt, erhält das offizielle Glas und eine Flasche das Festival-Biers. Dann mal los und Prost! 🍻

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Stoelzle Lausitz. Für jedes Bier gibt’s hier das passende Glas. Danke und Cheers!

Ausgesetzt

Frei erfundene Geschichten zu zufällig gefundenen Fotografien sind ja auch so ein literarischer Gemeinplatz. Unzählige Schriftsteller haben sich daran versucht, aber niemand will das lesen.

Und doch juckt es in meinen Fingern, als ich die Fotografie von dem alten Paar und ihrem Hund entdecke. Leicht gebückt stehen sie nah beieinander, sie (mit Faltenrock) legt ihm (im Altemännerpullover) den Arm sanft um die Schulter, zu ihren Füßen ein treudoof blickender Golden Retriever. Alle lächeln, das Paar weil es fotografiert wird, der Golden Retriever, weil es sein natürlicher Gesichtsausdruck ist. Im Garten wächst gemeiner Rhabarber und stehen mehrere aus Holz geschnitzte Skulpturen.

Was mag ihre Geschichte wohl sein? Und vor allem – das Traurige daran ist die Metaebene – warum steht dieses gerahmte Bild so verloren in einem Hauseingang auf St. Pauli?

Ich weiß es nicht. Und werde es wohl auch nie erfahren.

Akkoredeonroboter

Seit einigen Wochen schon sitzt der junge Mann Tag für Tag an
immer derselben Stelle in der Innenstadt. Frei von jeglicher Begeisterung, unter Ausschluss von Rhythmusgefühl und harmonischer Raffinesse spielt er auf seinem Akkordeon die immer gleichen einfachen Lieder. Er zeigt dabei keinerlei Emotion, sein Gesichtsausdruck ist starr, mechanisch drückt er die Knöpfe seines Instruments. Er wirkt wie ein Akkordeonroboter. Vor ihm ein Schild: „Ich sammle für mein Musikstudium“. 

Mag sein, dass er ein heißer Anwärter auf den Unbegabtenpreis 2018 ist. Vielleicht ist er aber auch der größte musizierende Komiker seit Studio Braun.

Durch die Bars – Leipzig, Berlin, Hamburg

Gleich drei Mal binnen einer Woche am Tresen sitzen, das ist viel. Jeweils zwei bis drei Cocktails genießen, das geht in Ordnung. Zwei ist das Maß der Dinge. Man ist ein bißchen beschwippst und danach könnte man sich locker noch ein Taxi nach Hause leisten, benötigt es aber gar nicht. Ab dem dritten Drink wird es zuweilen schon mal etwas wackelig auf dem Barhocker. Man ist schon ziemlich angetüddelt und benötigt eigentlich ein Taxi für den Heimweg, aber je nach Bar hat man sein Budget für den Abend auch schon etwas überzogen. Erwachsenes Trinken beginnt schon bei der realistischen Einschätzung seiner Möglichkeiten.

imperii, Leipzig

Old Cuban Cocktail
Old Cuban. imperii, Leipzig

Ein bißchen ratlos ist man ja oft in einer fremden Stadt, wenn man unverhofft einen freien Abend hat und diesen zwar allein, aber doch möglichst angenehm verbringen will. Die Recherche für Leipzig ist schnell abgeschlossen. Ich gehe ins imperii, das nicht nicht nur für Leipzig eine gute Adresse ist, sondern überhaupt eine ganz hervorragende Bar. Die Karte macht mich zunächst etwas ratlos, also lasse ich mir etwas empfehlen. Der Service ist freundlich und kompetent.

Beim zweiten Drink wechsle ich zu den Klassikern, weil ich es klassisch mag. Auf Infusionen, Gedrippe, Gedampfe, Gemüse und Schirmchen verzichte gern, aber so etwas gibt es hier sowieso nicht, hier wird noch ganz ehrlich gerührt und geschüttelt. Außerdem erhalte ich dank Jörg Meyers Podcast „Empfehlungen eines Trinkers“ gerade täglich neue Inspirationen aus der Welt der klassischen Getränke und ich kann gar nicht so schnell trinken wie Herr Meyer podcasten kann. Ich bestelle einen Old Cuban, der ganz hervorragend fresh ist und etwas Sommer in das winterliche Sachsen bringt. Eine gute Wahl. So gut, dass auch der alleinreisende Herr am Nebentisch gleich auch einen Old Cuban bestellt.

Nach dem zweiten Drink kommt dann der Übermut und ich bestelle etwas Verrücktes: einen Twentieth Century Cocktail, den Herr Meyer kürzlich in seinem Podcast als den besten Cocktail der Welt gepriesen hat. Ich freue mich ein bißchen, dass André Pintz, der Chef und ein wahrer Meister seines Faches, zunächst in einem Barbuch nachschlagen muss – und dann aber routiniert, als würde er nie etwas anderen mixen, einen ganz wunderbaren Drink mit einer sehr eigenartig-schönen Mischung aus Ingredenzien zaubert, die scheinbar nicht zusammengehören: Zitrone und Kakao. Das ist irgendwie ziemlich klassisch und funky zugleich. Yeah!

Zwei sehr angenehme Stunden, drei gute Drinks – was will man mehr in einer fremden Stadt? Der Bartender schickt am nächsten Tag eine Facebook-Freundschaftsanfrage, was mich beruhigt, denn ich hatte ein bißchen ein schlechtes Gewissen, weil er die Karte so liebevoll kuratiert hat, und ich dann doch auf Abseitigeres ausgewichen bin. Jedenfalls so schlimm kann ich als Gast dann nicht gewesen sein, denke ich, und werde bei meinem nächsten Leipzig-Aufenthalt gern zurück ins imperii kommen und rate dem geneigten Trinker hiermit ausdrücklich zu einem Besuch dieser Bar.

Becketts Kopf, Berlin

Ja ja, Becketts Kopf schon wieder. In Berlin gibt es doch so viele gute Bars, an jeder Ecke und ein jeder weiß immer gleich ein Dutzend noch bessere. Ich gehe trotzdem in Becketts Kopf, wie ich es immer getan habe, als ich noch in Berlin wohnte. Ich klingle an der Tür und werde, ganz wie es meinem unausgesprochenem Wunsch entspricht, am Tresen plaziert. Der erfahrene Bartender hat selbstredend ein Gespür dafür, wer wo sitzen muss. Kurz wundere ich mich, dass jetzt vorn der Raucherbereich ist, der sich früher im hinteren Zimmer befand. Normalerweise bevorzuge ich den Nichtraucherbereich, aber wichtiger ist es naturgemäß, am Tresen zu sitzen.

El Presidente Cocktail
El Presidente. Becketts Kopf, Berlin

Fünf Jahre liegt mein letzter Besuch in dieser vorzüglichen Bar bereits zurück. Die Karte ist genau wie damals von Hand in eine Beckett-Biographie eingefügt und auch hinter der Bar versteht man noch immer sein Handwerk. In einem Sessel neben der Bar sitzt ein korpulenter älterer Herr mit Hosenträgern vor einem aufgeschlagenen, ebenfalls sehr dicken Terminkalender. Er trinkt Champagner und raucht Zigarre. Nach jedem Schluck und jedem Zug schläft er für ein paar Minuten ein. Dann noch ein Gläschen und wieder von vorn. Das Personal weckt ihn nicht, ebenso wenig wie die neue Gäste ankündigende Türklingel, die anstelle eines akustischen Signals lediglich dezente Lichtzeichen von sich gibt. Am Tresen neben mir zwei jüngere Damen, die sich kichernd ihre erste Zigarre teilen, die sie nach jedem zweiten Zug unbeabsichtigt ausgehen lassen, was sie nach der Hälfte des Stumpens wieder zu ihren bewährten Zigaretten greifen lässt.

Aus der Karte bestelle ich einen El Presidente, anschließend lasse ich mir etwas empfehlen. Der Herr hinter der Bar empfiehlt einen Corpse Reviver. Gern folge ich dem fachkundigen Rat. Ein neuer klassischer Drink, der mein Repertoire erweitert – und zudem ein völlig unbekannter, weil Herr Meyer ihn in seinem Podcast noch nicht besprochen hat. Gin, Chartreuse, Lillet, Lemon Juice und Absinthe ergeben eine erfreuliche Mischung.

Gern hätte ich noch einen dritten Drink genommen. Da ich aber am nächsten Tag sehr früh einen Termin habe, muss ich verzichten, was einerseits schade ist, weil ich gern noch auf ein Getränk geblieben wäre, aber anderseits wahnsinnig professionell, weil der Grenznutzen nach dem zweiten Drink abnimmt und man selbst am nächsten Morgen einfach frischer ist, wenn man nur zwei Cocktails getrunken hat. Am besten ist es sowieso, nach zwei Drinks aufzuhören – lieber nochmal wiederkommen. Und überhaupt immer am besten: Antizyklisch in Bars erscheinen – sonntags oder montags, möglichst früh. Dann kann man sich den besten Platz aussuchen und die Menschen hinter der Bar sind viel entspannter, weil sie noch keine Endlosdiskussionen mit Craftginschlaumeiern über sich ergehen lassen mussten.

Le Lion – Bar de Paris, Hamburg

Heimathafen Hamburg. Dass ich im Le Lion wohnen würde, wäre wirklich zu viel gesagt. Dennoch ist es wohl die Bar, die ich von allen am häufigsten zu besuchen pflege. Es beruhigt mich stets, ein paar bekannte Gesichter zu sehen. Klingeln, Garderobe abgeben, Treppe hoch in den Pine Room. Da ist es am schönsten.

Canchanchara, Cocktail, Le Lion, Hamburg
Canchanchara., Le Lion, Hamburg

Auf dem Programm heute ein Cocktail-Flight unter dem Motto „The Cuban Affair“: CanchancharaPeriodistaRemember the Maine. Drei Cocktails in einer etwas kleineren Ausführung. Ich bin froh, dass mir die Qual der Wahl abgenommen wird. Psychologen haben herausgefunden, dass zu viele Optionen unglücklich machen. Alle Drinks sind hervorragend, aber man erwartet hier auch nichts anderes. Mein Favorit des Abends ist der Periodista: Rum, Cointreau, Apricot Brandy, Limettensaft. Toll.

Nach der weichen Landung sitze ich noch eine wenig herum und gucke und trinke das unentwegt großzügig nachgeschenkte Wasser. „Was machen wir jetzt mit Dir, bosch?“, fragt der Bartender und ich weiß es auch nicht, weil ich ja bereits fertig bin mit meinem Flight. Er stellt mir noch ein Glas Champagner hin, denn Champagner geht immer. Danke, Ihr Löwen. Zu Euch komme ich immer am liebsten.

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Update: Herr Meyer liefert. Keine 12 Stunden nach Veröffentlichung dieses Beitrags gibt es auch schon eine Podcast-Folge aus der Reihe „Empfehlungen eines Trinkers“, in der er den Corpse Reviver vorstellt. Cheers!