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Barlach will Instagram

Hans Barlach, Bildhauer-Enkel und Minderheitsgesellschafter des Bilderdienstes Instagram greift nach der Macht. Per Gerichtsbeschluss ließ er Mark Zuckerberg von der Geschäftsführung abberufen. Er wirft Zuckerberg vor, seine Privatvilla in San Francisco teilweise durch die Veräußerung von Bilderrechten der Instagram-Nutzer an die Werbeindustrie finanziert zu haben. Barlach hat Zuckerberg unterdessen das Angebot unterbreitet, das Social Network vollständig zu übernehmen.

poempel
Symbolfoto: Skandal-Poller

Die Streitigkeiten gehen zurück bis ins Jahr 2001. Damals erbte Mark Zuckerberg Instagram von seiner verschiedenen Frau, der erfolgreichen Galeristin Ulla Zuckerberg-Unhold. Nach Übernahme des Bilderdienstes durch den Witwer, selbst ein chronisch erfolgloser Fotograf mit dem Schwerpunkt Aura-Fotografie, verließen zahlreiche renommierte Künstler wie Henri Cartier-Bresson sowie Bernd und Hilla Becher aufgrund von Unstimmigkeiten nach jahrelanger Zusammenarbeit Instagram.

„Ich bin keine Finanzheuschrecke“, gibt Hans Barlach in einem Gespräch mit diesem Weblog zu verstehen, „aber man braucht heute Know-how im Handel mit Klimazertifikaten und Warentermingeschäften mit gentechnisch manipulierten Nahrungsmitteln, um im Wettbewerb mit global agierenden Foto-Plattformen wie EyeEm oder Tadaa bestehen zu können. Sonst endet man eines Tages so wie Flickr.“ Er könne nicht mit ansehen, wie Zuckerberg ein florierendes Netzwerk durch ständige Manipulation der Allgemeinen Geschäftsbedingungen so einfach zu Grunde gehen ließe, beschreibt Barlach die Motive seines Handels.

Was Barlach mit Instagram allerdings wirklich vorhat, ist auch Kennern der Branche ein Rätsel. Seit Wochen formiert sich in den Feuilletons der überregionalen Tageszeitungen ein massiver Widerstand gegen den Investor, der in seinem beruflichen Vorleben gelegentlich auf Flohmärkten antiquarische Diaprojektoren verkauft hat. „Hans Barlach hat keine Visionen“, sagt die Instagram-Fotografin Annie Leibowitz und wirft ihm im gleichen Atemzug vor, aus dem Unternehmen eine Schraubenfabrik machen zu wollen. Nachdem auch Starfotograf Juergen Teller mit seinem Weggang von Instagram drohte, sollte Barlach in die Geschäftsführung eintreten, wandte sich heute auch Martin Parr in einem Leitartikel gegen den Eindringling: „Eine Bilderplattform ist kein Musiklabel. Bilder sind keine beliebige Ware wie Musik. Dahinter stecken Fotografen. Das sollte dieser Emporkömmling von Steinmetz-Nachfahre endlich zur Kenntnis nehmen.“

Heute wurde bekannt, dass Mark Zuckerberg den erfolgreichen Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler zum Mediator bestellt hat. Er soll zwischen den zerstritten Parteien schlichten. Hans Barlach hat sich dazu noch nicht geäußert.

9 Antworten auf „Barlach will Instagram“

Großartig! Ich möchte gerne jede Tag sowas lesen. Gerne auch anstatt des ganzen Journalismus. Das ist nicht nur klüger und besser geschrieben, sondern auch noch erheiternd und schlicht näher an der Wahrheit. Wenn Du eine Wochen- oder Tageszeitung damit machen willst: Trag mich schonmal als Abonnent ein! Wo darf ich mein Geld hinüberweisen?

@LiFe: Ach, das ist eine schwierige Sache. Ich empfinde die Berichterstattung, auch in den seriöseren Medien, als recht einseitig in dieser Angelegenheit. Nachdem Berkéwicz zum Zeitpunkt ihrer Machtübernahme im Hause Suhrkamp zunächst als Teufelin verschrien war und alle möglichen Leute aus dem Verlag geekelt hat – vom Unseld-Sohn über die Geschäftsführer Berg und Weiss, den von Unseld installierten Beirat bis hin zu namhaften Autoren wie Walser und Kehlmann – wird sie nun als die Gute gefeiert. Dass die Suhrkamp-Autoren sie unterstützen, ist verständlich, nimmt aber doch bisweilen komische Züge an (Handke, Grünbein usw.) Auch wenn Barlachs Motive im Unklaren sind, muss doch berücksichtigt werden, dass Berkéwicz einen großen Teil ihres Privatlebens (Villa, Coaching) aus dem Verlag finanziert hat, was den meisten, die sich in dieser Angelegenheit zu Wort gemeldet haben, egal zu sein scheint. Es handelt sich nicht, wie so oft suggeriert wird, um eine „feindliche Übernahme“, sondern um eine Streitigkeit unter Gesellschaftern (Barlach ist immerhin mit 40 % am Verlag beteiligt), die auch von seitens Berkéwicz eskaliert wurde, wie das gestern veröffentlichte Gerichtsurteil zeigt. Am differenziertesten berichtet aus meiner Sicht Lothar Müller in der Süddeutschen Zeitung.

Ich denke Autoren wie Handke und beispielsweise auch Enzensberger können es sich aufgrund der jahrzehntelangen Zusammenarbeit und einer eng verwobenen Geschichte mit dem Verlag durchaus erlauben ihre Meinung, ganz egal in welcher Form, ob „bisweilen komisch“ oder gar unsachlich, zu äußern. Wer oder was sollte sie daran hindern oder sie dazu verleiten das Ganze in irgendeiner Weise objektiver zu beurteilen? Die rechtliche Lage wäre mir an ihrer Stelle auch ziemlich egal, wenn die Zusammenarbeit fruchtet.
Übrigens wundere und frage ich mich, was du mit deinem facebook-Kommentar in Bezug auf Schirrmacher meinst, wenn du sagst, dass er „abermals unjournalistisch aus dem Nähkästchen plaudert“.

@raupenbahn: Natürlich dürfen sich die Autoren äußern. Aber es ist doch klar, in welchem Sinne sie es tun, so dies denn öffentlich gemacht wird.

Lies Dir einfach die beiden letzten Artikel, die Schirrmacher zur Causa Suhrkamp veröffentlicht hat durch. Hier wird deutlich, dass das, was er kritisiert (z. B. zuletzt an dem Welt-Artikel, dass Joachim Unseld, als Beteiligter, nicht als Quelle in Sachen Familienstreitigkeiten herangezogen werden dürfe, da dies nicht journalistischen Grundsätzen entspräche usw.), doch auch auf seine eigenen Beiträge zutrifft: Es handelt sich um reine Meinungsbeiträge. Ihm Schirrmacher jedoch, soll der alte Unseld, quasi auf dem Sterbebett liegend als einzigem die Wahrheit über seinen letzten Willen bezüglich der Verleger-Nachfolge ins Ohr gesäuselt. Ist das etwa glaubwürdiger als die Aussagen von Joachim Unseld, dem Verbitterung vorgeworfen wird? Allein Schirrmacher weiß: Ulla Berkéwicz ist nicht die Yoko Ono des Suhrkamp-Verlages. Es könnte so sein, es könnte aber auch ganz anders sein, denn nicht umsonst gibt es das Stiftungs-Konstrukt und gab den von Siegfried Unseld Installierten Beirat. Mich wundert lediglich, mit welcher Vehemenz sich Schirrmacher für Berkéwicz als legitime Verlegerin einsetzt.

Wie dem auch sei: Man wird wird sich noch eine Weile streiten und irgendwann wird man sich schon einigen. Bleibt zu hoffen, dass es noch lange genug dauert, bis der in den Gerichtsverhandlungen fleißig Notizen machende Rainald Goetz genug Stoff für sein nächstes Buch zusammen hat.

@ Bosch Hab halt an KK denken müssen. Ich wünsche schöne Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Liebe Grüsse an KK. Sie ist momentan nicht zu erreichen.

@bosch: Du hast ja mit einigen Punkten recht, aber Schirrmacher bezieht sich doch auf andere Quellen: Einen Beschluss vom 26. April 2002 sowie die am 27. Oktober 1995 notariell beglaubigte gegenseitige Universalerben-Einsetzung, also den Ehevertrag; zudem die handschriftliche Mitteilung vom 10. Juli 1999 und die umfangreichen Briefwechsel von S. Unseld – damit fußt seine Argumentation im Großen und Ganzen doch auf Dokumenten und nicht auf der persönliche Meinung eines direkt betroffenen Enterbten, der seit 20 Jahren mit dem Verlag im Clinch liegt. Man weiß natürlich trotzdem nicht um seine Beziehung zu Berkewicz, aber seine Herangehensweise erscheint mir journalistisch fundierter und weniger einseitig, da er doch vieles relativiert und auch Barlachs „Renditepläne“ als legitim bezeichnet.
Ansonsten übrigens noch ein Lob zu deinem Beitrag zu Barlach und Instagram; und ich wäre auch für was Frontales vom Goetz zum Thema…

bis der in den Gerichtsverhandlungen fleißig Notizen machende Rainald Goetz genug Stoff für sein nächstes Buch zusammen hat.

So wird es sein. Auf diese Weise werden Autoren mit ausgesprochen neue Ideen und Themen vollkommen ausgebremst.

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