Was treibt sie eigentlich an?

Hunderttausende sind an diesem sonnigen Samstag in ganz Deutschland auf der Straße. „Für dezentralisierte regenerative Energie“ steht auf ihren Schildern und Transparenten – oder etwas kampagnenfähiger: „Ohne Meiler ist geiler!“ Für die gute Sache wird auch schon mal der eine oder andere für den Alltag zu lustige Hut herausgeholt und ein schräges Lied gesungen. Niemand denkt dabei daran, dass Musik auch Umweltverschmutzung sein kann. Das Ganze gerät schnell zum Happening. Die Lage ist ernst, aber was uns bleibt, ist immer noch der Humor.

Was aber macht die gut gekleidete Frau mit den langen braunen Haaren, der riesigen Umhängetasche und den hohen Stiefeln mit der großen Pauke vor ihrem Oberkörper? Nie zuvor hörten wir jemanden, der so unrhythmisch auf das Schlagwerk eingedroschen hat, wie sie. Immer wieder lässt sie sich in der Menschenmenge zurückfallen, um kurz darauf wieder in schnellerem Gehtempo an die Spitze des Demonstrationszuges zu gelangen. Nur wenn sie sich eine Zigarette dreht, pausiert sie kurz mit der Bearbeitung ihrer Trommel. Sie marschiert ganz allein und trommelt weder laut noch schön. Was treibt sie eigentlich an?

Wo Wolfgang Schäuble gern Kaffee trinken geht: Balzac Coffee

Balzac Coffee
Filiale von Balzac Coffee im Hamburger Univiertel

Bundesminister des Inneren Dr. Wolfgang Schäuble: „Ich möchte Kaffee trinken.“
Adjutant Dr. Taschenträger: „Ich kenne hier in der Nähe ein sehr schönes Café namens Balzac Coffee. Sie werden sich dort bestimmt wohlfühlen, Herr Minister.“
Wolfgang: „Ist es weit?“
Adjutant: „Nein, ganz nah, es liegt nur wenige Umdrehungen entfernt.“
Wolfgang: „Ist es auch sicher dort?“
Adjutant: „Sehr sicher, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Alle Kunden werden während ihres Aufenthalts dort videoüberwacht. Das Café verfügt über modernste Technik. Die aufgezeichneten Bilder werden sofort mit den biometrischen Reisepassdaten abgeglichen. Sollte ein vermeintlicher Terrorist einen Latte macchiato halbfett mit Sojamilch bestellen, wird vollautomatisch die GSG9 alarmiert. Die Türen verriegeln sich selbsttätig bis zum Eintreffen der Einsatztruppe.“
Wolfgang: „Mhh.“
Adjutant: „Dieses Café hat den Förderpreis für Staatssicherheit des Bundesministeriums für Inneres 2007 und 2008 gewonnen und ist offizieller Sponsor der Innenministerien aller CDU-regierten Bundesländer.“
Wolfgang: „Auch von Hamburg, da regieren doch demnächst die Grünen?“
Adjutant: „Gerade in Hamburg. Hier wurde das Balzac-Imperium schließlich ins Leben gerufen. Es besteht ein direkter Draht zu Innensenator Nagel in Form eines beidseitigen Techniktransfers. Dank des Einsatzes der Videotechnik in der Kaffeehauskette konnte die Videoüberwachung der gesamten Ausgehmeile rund um die Reeperbahn sowie großer Teile des alternativen Stadtteils St. Georg sichergestellt werden.“
Wolfgang: „Das gefällt mir. Was gibt es sonst über diesen Coffeeshop zu berichten?“
Adjutant: „Eigentlich sollte es ja noch ganz vertraulich bleiben, aber Vanessa Kullmann, die Unternehmensgründerin, berichtete mir, dass die Hauptabteilung „Aufklärung“ der Cafékette gerade dabei ist, einen Geschirrspüler zu entwickeln, der auf den benutzten Kaffeetassen sowohl die von den Kunden hinterlassenen Fingerabdrücke einliest als auch deren DNA-Spuren speichert. Die gesammelte Datenmaterial wird dem Innenministerium selbstredend zugänglich gemacht.“
Wolfgang: „Und gibt es bei Balzac Coffee auch W-LAN?“
Adjutant: „Selbstverständlich kann man dort kabellos im Internet surfen. Sobald sich ein Besucher des Coffeeshops in das Netz einwählt, wird automatisch der Bundestrojaner installiert.“
Wolfgang: „Ganz wunderbar, gefällt mir sehr, diese Frau Kullmann. Vielleicht sollte ich sie zu meiner neuen Staatssekretärin machen. Gibt es auch etwas Negatives zu berichten?“
Adjutant: „Kürzlich klagte ein Kunde der Kaffeekette gegen die Videoüberwachung. Die Entrüstung darüber hielt sich jedoch nur sehr kurz und ebbte ab, nachdem das Unternehmen vorgab, die Videokameras umgehend zu entfernen. Die Kunden hielten dem Unternehmen die Treue, allen voran die Kreisverbände der Jungen Union und die Neigungsgruppe „Big Brother“. Nach und nach kamen auch die alten Stammkunden zurück, sodass der Wahl Frau Kullmanns zur „Unternehmerin des Jahres“ auch diesem Jahr nichts mehr im Wege steht. Ist ja auch alles halb so schlimm, wie das Unternehmen seinen Kunden auf Anfrage mitteilte. Selbstverständlich wurden mittlerweile in allen Filialen Videokameras mit modernster Nanotechnologie installiert, die für das menschliche Auge nicht mehr zu erkennen sind. Schließlich muss die Überwachung weitergehen.“
Wolfgang: „Taschenträger, machen Sie mir einen Termin mit der Dame, ich muss sie unbedingt kennenlernen.“
Adjutant: „Sehr wohl, Herr Minister.“

Verhinderter Bärendienst: Horst Köhler kommt nicht an sein Ziel – und das ist auch gut so.


Photo: global jet

Der Präsident ist enttäuscht, gar zornig ist er. Er hat sein Ziel nicht erreicht. Nicht dass es an seiner unbegrenzt scheinenden Kompetenz oder gar an dem begrenzten Einfluss seines Amtes läge. Höhere Mächte hielten ihn davon ab, zu tun, was ein Mann in seiner Position tun muss. Also kann er heute keine Wortteppiche über sein Volk ausbreiten und auch keine Hände schütteln. Das einzige, was heute geschüttelt wird, ist das Haupt des Oberhauptes. Denn heute, er ist sich seiner ganz sicher, hätte er bestimmt seine persönliche Ruckrede gehalten, auf die alle schon so lange gewartet haben. Der Jubel seiner nun vergeblich auf ihn wartenden Untertanen und anwesenden Pressevertreter wäre ihm gewiss gewesen, und dem als kühl empfundenen obersten Repräsentanten unseres Staates wären die Herzen zugeflogen.

Dazu sollte es nicht kommen, denn der Präsident kommt nicht von der Stelle. Eigentlich sind es gar keine höheren Mächte, die ihn an der Ausübung seines Amtes hindern, sondern ein banaler Defekt an einer Maschine der Flugbereitschaft der Bundeswehr. Dieser verhindert sein Kommen zur Verleihung des Deutschen Umweltpreises.

Mit dem Flugzeug zur Verleihung eines Umweltpreises zu fliegen, so dachte sich das widerspenstige Flugzeug, ist genauso absurd, wie mit einem Panzer zur Verleihung eines Friedenspreises zu fahren, und verweigerte kurzerhand den bärendienstlichen Beförderungsbefehl aus Gewissensgründen.

Das Bundespräsidialamt hat mittlerweile die Konsequenzen aus dem Vorfall gezogen und teilte mit, dass der Präsident künftig verstärkt die Dienste der streikenden Lokführer in Anspruch nehmen werde, um seine Termine zu verpassen – der Umwelt zuliebe.

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Nachsatz: Ich bin natürlich auch für den Austausch der betagten Maschinen der Flugbereitschaft – bevor noch ein Volksvertreter vom Himmel fällt. Schließlich sind auch sie ein bewahrenswerter Teil der Schöpfung.

Schwarz-Grün kommt in Hamburg

GAL Nord mit Welt-Abo

Kommt Schwarz-Grün in Hamburg? Die Zeichen dafür stehen gut. Zur Vorbereitung hat der Kreisverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN GAL Nord schon einmal die Tageszeitung Die Welt abonniert. Das konservative publizistische Flaggschiff aus dem Hause Axel Springer könnte helfen, die Mitglieder der sogenannten Ökopartei auf eine Koalition mit der CDU ideologisch einzuschwingen.

Der Posten des Innensenators könnte bald frei werden, falls der auf einen Ruf aus seiner Heimat Bayern wartende Udo Nagel Hamburg tatsächlich verlassen sollte. In der Hansestadt gibt es schließlich nicht mehr viel für ihn zu tun. Die Stadt kann man dank seiner tatkräftigen Entwicklungshilfe nun bis auf den letzten Winkel per Video überwachen – und ein gelegentlicher Blick auf den Monitor dürfte bei dem Pfeifenraucher des Jahres 2004 auch in München Verzückungen hervorrufen.

Die Grünen brauchen im Prinzip nur noch zuzugreifen. Die Macht hängt sozusagen an der Türklinke.