Lieblingsdiktator

Süddeutsche Zeitung, 8. Januar 2013
Süddeutsche Zeitung, 8. Januar 2013

Während hierzulande die Schlagzeilen von traurigen Trennungsgeschichten dominiert werden, herrscht in der „Demokratischen Volksrepublik Nordkorea“ der größtmögliche Endjubel. Der Spross der ostasiatischen Diktatorendynastie lässt anlässlich seines Ehrentages jedem Kind im Lande ein Kilo Süßigkeiten zukommen.

Doch gut gemeint ist nicht immer gut – hat der Jungdiktator doch bei seiner Großzügigkeit nicht berücksichtigt, dass sowohl die fünfjahresplanmäßig ausgesetzte Produktion von Zahnpasta alsbald zu einer unkontrollierbaren Kariesepedemie führen wird, als auch der für die Devisenbeschaffung bedeutende Export von Magermodels für die anstehende Modesaison ins Stocken geraten könnte.

Doch die Reiskammern des Landes sind leerer als die nordkoreanischen Wahlurnen. Dies vor Augen gibt unser neuer Lieblingsdiktator die Parole „Wenn sie keine Schokolade haben, sollen sie doch Atomsprengköpfe essen!“ aus und hofft klammheimlich auf eine positive Entwicklung des Marktes für Übergewichtige Models mit verfaulten Zähnen, um den Landeskindern auch im nächsten Jahr wieder Süßes geben zu können.

Reiterstaffel bleibt!

Hoch zu Pferde stärken Hamburger Polizisten das „subjektive Sicherheitsgefühl“ der Bürger. Doch während des Abzettelns von Falschparkern im Innenstadtbereich muss stets ein Reiter auf dem Rücken des Rössels bleiben, um auf das Nutztier des anderen Obacht zu geben: Soll es doch weder davonlaufen, von einem urbanen Pferderipper niedergestreckt werden oder sich seines Pferdemists auf offener Straßen entledigen. Letzteres hätte zur Folge, dass wiederum ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes, der ansonsten damit beschäftigt ist, Herrchen herumkotender Hunde mit Ordnungsgeldern zu beschweren, die berittenen Kollegen und Helfer mit einem Knöllchen auszustatten. Nicht auszudenken, was dieser Ordnungsgeldkreislauf für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Reiterstaffel zur Folge hätte. Ein Gutachten der Innenbehörde hat ergeben, dass der Nutzen der behottehüten Schutzmänner die Kosten von rd. 500.000 Euro pro Jahr überwiegt. Obwohl Pferde im urbanen Raum laut Aussagen von Tierschützern eher untauglich sind, weil sie bei Großdemonstrationen viel lieber fröhlich wie auf einer Wiese durch die Menschenmenge davongaloppierten oder das weit verbreitete Kopfsteinpflaster scheuen, will die Freie und Hansestadt Hamburg die Reiterstaffel weiter ausbauen. Ich bin froh, in einer Stadt leben zu dürfen, in der die innere Sicherheit auch auf dem Rücken der Pferde verteidigt wird.

Ende der Diskussion

Jeder geschlossene Raum ist ein Sarg.
(Blumfeld, Verstärker)

Bei gleißendem Sonnenlicht in einem abgedunkelten Aufnahmestudio stundenlang in Kopfsprechhörer reden und unter den Ohrmuscheln beginnen zu schwitzen. Dabei Bier trinken und zahlreiche Gedanken, die nicht die meinigen sind, vorbeiziehen lassen. Gleichzeitig an einem Tisch sitzen und doch woanders sein. Einfach so.

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Josef Hader – Ende der Diskussion

Die Insignien der Macht

Ein Tag im Mai: Bäumchen wechsle dich. Auf den Fluren des Ministeriums herrscht geschäftiges Treiben, Namensschilder an den Bürotüren der oberen Etagen werden ausgetauscht. Wieder einmal erhält ein neuer Minister zur Begrüßung einen Blumenstrauß. Fotografen der großen Agenturen halten den Amtsantritt möglichst vorteilhaft im Bilde fest, danach geht alles wieder seinen gewohnten Gang. Der Apparat funktioniert.

Die wahren Insignien der Macht sind preiswert – sie kosten nur ein paar Cent das Stück. Auf dem Schreibtisch des neuen Ministers liegt ein Dutzend billiger grüner Kugelschreiber bereit. Der Herr des Hauses verleiht seinen Anmerkungen in umlaufenden Akten mit dieser Farbe besonderes Gewicht.

Ich besitze übrigens auch einen grünen Kugelschreiber. Nicht, dass mein geschriebenes Wort in einer kafkaesken Bürokratie etwas gälte;  vielmehr ist er ein Andenken an einen angenehmen Abend: Mit diesem Stift hat nämlich einst Max Goldt ein Buch signiert (und auch umgekehrt habe ich – genau so betrunken wie er, aber etwas übermütiger – mit diesem Max Goldt ein Buch signiert.) In besonders schweren Fällen von Schreibblockade erhoffe ich mir, dass ein Fünkchen Inspiration des Meisters durch die Weihung des Kugelschreibers auf mich überspringen möge. Bislang blieb mein Warten jedoch vergebens.