Hamburger Dom, größtes Volksfest des Nordens, so die Veranstalter. Auf jeden Fall aber das häufigste: Frühling, Sommer und Winter. Gefühlt immer. Zuckerwatte, Riesenrad, Liebesapfel, Wilde Maus usw. Dazu aus Carmens Nebel ertönend in der Endlosschleife der Soundtrack des Ballermanns. Wer sind die Millionen, die hier für Sekunden ihr Glück zu finden versuchen?
Dennoch ein guter Ort. Jedenfalls morgens, bevor alles blinkt, wenn die jungen Männer zum Mitreisen noch schlafen. Alles so schön trist hier. Hamburger Dom, Konträrfaszination. Kann man hingehen, antizyklisch.
Während in Berlin in dieser Woche der Kunstbär steppt, holt man in Hamburg die alten Schinken aus dem Keller. 15 Jahre steht der Kubus der Galerie der Gegenwart nun neben dem Hauptbahnhof und was läge näher, als in 15 Räumen 15 Künstler aus der eigenen Sammlung zu präsentieren? Warhol, Baselitz, Richter, all das hat man schon oft gesehen, und während ich etwas gelangweilt Raum um Raum durchschreite, bleibe ich plötzlich an einer Installation hängen, die mich wie keine andere zu erfreuen vermag.
Es ist ein Apparat, aber freilich kein bösartiger wie in Kafkas Strafkolonie, sondern ein freundlich sinnloses Ding: Sigmar Polkes„Apparat, mit dem eine Kartoffel eine andere umkreisen kann“ besteht aus einem modifizierten Holzstuhl, einer Metallstange, einem Gummiband, einem Motor und zwei auswechselbaren Kartoffeln. Gewöhnlich tut diese Installation genau das, was ihr Name verspricht. Da mich, anders als bei den anderen gezeigten Kunstwerken, kein Warnschild von der Aktivierung des Apparates abhält, betätige ich voller kindlicher Freude den Knopf, um die eine Kartoffel um die andere Kreisen zu lassen. Was dann passiert: Nichts. Der Motor röhrt ein wenig, sodann eilt ein Mitarbeiter des Wachpersonals herbei, um mich aufzuklären, dass es verboten sei, den Knopf zu drücken und dass der kartoffelantreibende Riemen defekt sei. Ob eine Instandsetzung geplant sei, wisse man nicht. Ich bedaure dies, denn eine kreisende Kartoffel hätte mir sicher diesen tristen Herbsttag versüßen können.
Und so bleibt mir nichts anderes, als immer und immer wieder das Video der funktionierenden Installation anzuschauen und zu hoffen, dass eine Dame aus dem Freundeskreis der Hamburger Kunsthalle ihr Haargummi für einen wirklich guten Zweck spenden möge.
1705. Sommerfest der Grünen-Bürgerschaftsfraktion im Innenhof des Rathauses. Es gibt Butterkuchen, Currywurst und Astra aus der Flasche. Toll. Mit von der Partie auch Bürgermeister Olaf Scholz. Es heißt immer, dass man auf einem Bein nicht stehen könne. Scholz kann das. (Und zwar ziemlich lange.)
Nachchtrag:
1957. Kurz in Richtung Hafen geganen. Meine Begleitung wollte nicht auf meine Warnung hören, so schlimm seien die „Cruise Days“ doch sicher nicht usw. Am Hafen angekommen ein Gequetsche und Geschiebe, Hunderttausende wollten die Schiffe sehen, die ein- und ausfahren. Was für ein Ereignis für eine Hafenstadt, wo es doch das Normalste sein sollte, wenn ein Schiff kommt. Bei keiner Bushaltestelle oder Bahnhof wird so ein Gewese um ein ankommendes Verkehrsmittel gemacht und zu diesem Zwecke kleine Fähnchen geschwenkt.
In den 60er Jahren entstand die City Nord als zweite Geschäftsstadt zur Entlastung der Innenstadt. Bis zu 200.000 Beschäftigten wurde hier ein Arbeitsplatz geboten. Nach Feierabend und an den Wochenenden ist der Stadtteil wie ausgestorben; fast könnte man meinen, das Wort „unwirtlich“ sei einzig und allein für die City Nord erfunden worden. Obschon Hamburg eindeutig schönere Ecken hat, gehe ich in dem Büroviertel nördlich des Stadtparks gern spazieren.
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Die obigen Fotos habe ich mit einem Telefon aufgenommen und bearbeitet. Ein Klick auf ein Foto öffnet die Galerie-Ansicht.
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