Sich jahrelang wundern, dass gewisse Menschen eisern darauf drängen, Interviews autorisieren zu wollen, obwohl diese ja nur das wiedergeben, was der Interviewte gesagt hat. Dann aber angesichts der TV-Ausstrahlung eines Kurzportraits trotz Erfahrung im Umgang mit Medien einsehen müssen, dass dieser zuvor als Unart abgetane Kontrollzwang durchaus seine Berechtigung hat. Wenn aus einem über zweistündigen Gespräch alle halbwegs geraden Sätze herausgeschnitten werden und man plötzlich als Schaf dasteht, ist es ein schwacher Trost, wenn das Fräulein und andere sagen, man sei „knuffig“. So etwas soll mir nicht wieder passieren. Schnitt.
Den Termin erst absagen, dann aber doch stattfinden lassen und keine Drehgenehmigung für den privatisierten Park erhalten. Statt trister Kulisse und Regen plötzlich irgendwo zwischen Touristen und Streetart bei gleißendem Sonnenlicht der schlappen Batterien des Aufzeichnugsgerätes wegen immer und immer wieder dieselben Sätze in ein Mikrofon sprechen. Für Schnittbilder so tun, als täte man gerade etwas Bedeutendes, und anschließend schriftlich die Rechte an dem entstandenen Bild- und Tonmaterial bis in alle Ewigkeit abtreten. Zweieinhalb Stunden erfundene Aktivität für knapp zweieinhalb Minuten Ruhm in einem Spartenkanal, den niemand sieht.
Ich bin anders als die anderen. Fast dachte ich, ich sei der einzige. Dies liegt nicht darin begründet, dass ich mich der Weihe durch die dreibeinigen Herrscher erfolgreich widersetzt habe, sondern an meiner plötzlich aufflammenden Begeisterung für eine Science-Fiction-Serie aus meiner Kindheit.
Ich war neun Jahre alt, als das Zweite Deutsche Fernsehen 1986 die BBC-Produktion „The Tripods“ nach John Christophers Buchvorlage zeigte. Die Serie lief damals nachmittags im Ferienprogramm für Kinder („Hallo, Leute, es sind Ferien, alle machen blau von Flensburg bis nach Oberammergau. Denn es sind Ferien, und mit viel Tam-Tam und Infor-mati-on steigt wieder unser Ferienprogramm …“) – und war natürlich viel zu spannend dafür.
Nachdem ich in den vergangenen Jahren naturgemäß nur wenige Gedanken an die Dreibeiner verschwendet habe, sind mir vor ein paar Monaten zufällig beide Staffeln in die Hände gefallen:
Nur wenige Menschen haben die Apokalypse überlebt. Die Welt wird beherrscht von Dreibeinern, die vorgeben, Frieden zu bringen. Bei der „Weihe“ durch die Herrscher wird den Menschen im Jugendalter eine Kappe implantiert, die ihnen Neugierde, Kreativität und den Drang zur Revolution und Gewallt nimmt. Will Parker und seine Freunde trauen den Dreibeinern nicht und widersetzen sich der Weihe. Nach und nach gelingt es ihnen jedoch, die Geheimnisse der Herrscher zu entschlüsseln.
Das klingt erst einmal ziemlich blöd, aber man muss es gesehen haben, damit sich der Reiz erschließt. Eigentlich habe ich so gut wie gar nichts für Science-Fiction übrig, ich mag nicht einmal Serien besonders. Natürlich wirkt die Anmutung der 25 Folgen im Zeitalter von computeranimierten 3D-Filmen holprig. Für damalige Verhältnisse allerdings war die Produktion so aufwändig, dass die dritte Folge aus Kostengründen von der BBC nicht mehr realisiert wurde.
Die Geschichte ist so detailreich und spannend erzählt, dass sie mich noch jetzt, zu meiner großen Überraschung – über zwanzig Jahre nach der ersten Ausstrahlung – fasziniert an den Bildschirm gefesselt hat. Allein die musikalische Untermalung von Ken Freeman lässt einen in einigen Szenen schaudern. Ich weiß gar nicht, wie ich das als neunjähriger Knirps überhaupt ausgehalten habe, ohne größere Albträume zu bekommen.
Aber genau wie Will Parker und seine Freunde im Kampf gegen die dreibeinigen Herrscher nicht allein waren, bin auch ich nicht allein mit meiner, zugegeben etwas albernen, Faszination für diese Serie, deren zweite Staffel erst in diesem Jahr auf DVD erschienen ist: im deutschsprachigen Raum finden sich neben einem Fanclub mit lebendigem Forum, in dem veröffentlichte Informationen über die nie gedrehte dritte Staffel diskutiert werden, auch ein spezielles Wiki, die Trippypedia, in dem wirklich alle Begriffe rund um die TV-Serie erklärt werden. Natürlich gibt es eine eigene Facbook-Gruppe sowie Nerds, die an einem Quartett-Kartenspiel oder mit LEGO basteln – und im August dieses Jahres findet ein weiteres Fan-Treffen in Baden-Württemberg statt, zu dem sich sogar einige der damaligen Darsteller angekündigt haben.
Ich bin zwar weit davon entfernt, mich zum Fan-Treffen anzumelden, aber es ist doch irgendwie schön, zu sehen, dass irgendwo auf der Welt noch ein paar andere Ungeweihte sind, die sich für die Fernsehreihe meiner Kindheit begeistern. Und für diese Erkenntnis liebe ich das Internet.
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