Seit der zweiten Twitterlesung am 16. Oktober sind bereits ein paar Tage vergangen. Aber was lange währt, wird endlich gut. Daher freue ich mich sehr, den soeben veröffentlichten Mitschnitt dieser Veranstaltung mit Euch zu teilen. Ab 1:55 min. darf ich auch etwas sagen. Im Laufe der Veranstaltung habe ich noch zwei meiner Texte aus Twitkrit gelesen:
Die gestrige Pressevorführung war besser gesichert als das Gefängnis in Stuttgart-Stammheim: Mobiltelefone und Kameras wurden den Besuchern abgenommen und während der Filmvorführung in durchsichtigen Plastiktüten aufbewahrt. Zusätzlich wurden beim Betreten des Saals noch einmal die Taschen kontrolliert.
Für den frühen Vormittag war der von Bernd Eichinger produzierte Film unter der Regie von Uli Edel harte Kost. Der Film erzählt die Geschichte der RAF, beginnend bei Protesten gegen den Besuch persischen Schahs im Jahre 1967, bei denen der Student Benno Ohnesorg durch einen Polizisten getötet wird, bis hin zur Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer am 19. Oktober 1977 in rasant geschnittenen 150 Minuten. Dazwischen das Attentat auf Rudi Dutschke, die Brandbomben in den Kaufhäusern, Verhaftungen, Befreiungen, das Abtauchen in den Untergrund, Schusswechsel, Banküberfälle, Militärausbildung in Jordanien, Banküberfälle, die Erfindung der Rasterfahndung, Bombenanschläge, erneute Schießereien, Festnahmen, das Olympia-Attentat 1972, Hungerstreiks, Entführungen, die Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Bubacks, der Stammheim-Prozess, die Erschießung des Bankiers Jürgen Pontos, die Schleyer-Entführung, Ulrike Meinhof erhängt sich in ihrer Zelle, die Entführung der Lufthansamaschine „Landshut“ und die Geiselbefreiung in Mogadischu, der Selbstmord von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Alles geht rasend schnell, Zeit für Hintergrundinformationen bleibt keine, der Film ist mehr eine Collage.
Obwohl so weit wie möglich der Buchvorlage Stefan Austs orientiert, handelt es sich keineswegs um einen Dokumentarfilm. Was auf der Leinwand gezeigt wird, erinnert – gerade in den aktionsreichen Szenen – mehr an Hollywood als an einen Film der Bundeszentrale für politische Bildung. Kein Wunder, schließlich handelt es sich um eine der aufwendigsten deutschen Filmproduktionen aller Zeiten: Vierundsiebzig Tage wurde gedreht, überwiegend in Berlin und Umgebung, aber auch in der JVA Stuttgart-Stammheim, im Marokko und Rom. Kaum ein namhafter deutschsprachiger Schauspieler war nicht an der Produktion beteiligt. Neben den mit Martina Gedeck (Ulrike Meinhof), Moritz Bleibtreu (Andreas Baader) und Johanna Wokalek (Gudrun Ensslin) besetzten Hauptrollen wurden auch alle anderen Beteiligten mit hervorragenden Darstellern gespielt, darunter Bruno Ganz (Horst Herold), Nadja Uhl (Brigitte Mohnhaupt), Jan Josef Liefers und Alexandra Maria Lara. Insgesamt wurden 123 Sprechrollen vergeben und 6.300 Komparsen eingesetzt.
Mitte der siebziger Jahre geboren, bin ich zu jung, um die Zeit des linksextremen Terroismus noch miterlebt zu haben. Nur vage erinnere ich mich an rotumrahmte Fahndungsplakate, auf denen stets einige Gesichter durchgestrichen waren. Meine erste richtige Erinnerung reicht zurück an die Ermordung Alfred Herrhausens, dem damaligen Vorstandssprecher der Deutschen Bank. Das war 1989, damals waren Baader, Meinhof und Ensslin längst tot und die Rote Armee Fraktion kurz vor ihrer Auflösung. Die Diskussion um die Begnadigung des Terroristen Christian Klar im vergangenen Jahr hat gezeigt, wie das Thema RAF die Menschen noch immer beschäftigt – über dreißig Jahre nach dem Deutschen Herbst. Die Morde an Buback und Schleyer sind bis heute nicht vollständig aufgeklärt, genausowenig wie die Frage, ob die Behörden die Gespräche der Gefangenen in der Todesnacht von Stammheim abgehört haben. Das Thema „innere Sicherheit“ sowie die damit verbundenen staatlichen Überwachungsmaßnahmen, die in den siebziger Jahren mit der Rasterfahndung ihren Anfang nahmen, die Einschränkung von Bürgerrechten und Datenschutz, sind aktueller als je zuvor. Gründe, sich diesem Thema filmisch zu nähern, gibt es also genug.
Unstreitig handelt sich um einen Stoff, der fast zu komplex ist, um in einem einzigen Spielfilm transportiert zu werden. Die Macher haben jedoch ganze Arbeit geleistet: die Geschichte der ersten RAF-Generation wird weitgehend unverfälscht gezeigt. Im Film geht es weniger um die Theorie als um die Taten – von den Anfängen bis hin zu vollkommenen und unkontrollierbaren Eskalation der Gewalt, gänzlich ohne Sympathieträger wird der Wahnsinn jener Zeit dargestellt. Lobenswert auch, dass keine Handlung dazuerfunden wurde, um diese in einen historischen Rahmen zu packen. Der deutsche Oscar-Beitrag spannt den großen Bogen über ein dunkles Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte. Wer sich mit diesem bislang nicht auseinandergesetzt hat, wird von der Vielzahl der handelnden Personen jedoch möglicherweise eher verwirrt sein. Der Baader Meinhof Komplex ist ein sehenswerter und gut gemachter Film, der jedoch schon mit Blick auf die behandelte Thematik keine Begeisterungsstürme auslöst, sondern eher nachdenklich stimmt.
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weiterführende Links:
Der Baader Meinhof Komplex – die Homepage zum Film
Wikipedia-Eintrag zum Film und zum Buch „Baader Meinhof Komplex“ von Stefan Aust
Was lange währt, wird endlich gut. Vor einiger Zeit habe ich angekündigt, sechs Expemlare des wunderbaren neuen Reclam Universal-Notizbuches zu verlosen. Unter fastnotarieller Aufsicht wurden soeben von der Glücksfee die Gewinner ermittelt. Die Namen der Glücklichen lauten:
Herzlichen Glückwunsch an Euch. Die Bücher werden Euch in den nächsten Tagen auf dem Postwege erreichen.
Allen, die nicht gewonnen haben: seid nicht traurig, denn ab sofort könnt Ihr das Notizbuch zum Preis von 5,- Euro im Buchladen Eures Vertrauens käuflich erwerben. Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal an blumprodukt und Reclam für die Bereitstellung der Notizbücher.
Welcher Schreibende wünschte sich nicht, dass auch einmal seine Worte in einem 10×15 cm kleinen gelben Heftchen nachzulesen sind? Die Ehre, dass dies bereits zu Lebzeiten geschehe, wird nur wenigen Wortschaffenden zuteil. Der großartige Robert Gernhardt war einer von ihnen oder Brigitte Kronauer, die kürzlich ihren neuen Erzählband in der Universal-Bibliothek (UB) veröffentlichte.
Während die meisten von uns sich zu Schulzeiten ausschließlich an in gelb gebundenen Klassikern erfreuen durften, hat jetzt ein jeder die Möglichkeit, seine bescheidenen Gedanken in einem der legendären Reclam-Heftchen zu veröffentlichen.
Was eine reich bebilderte, großbuchstabige Tageszeitungen als Volksklassiker herausgäbe oder in der Welt des Internets als user-generated Weltliteratur 2.0 in Erscheinung träte, ist nun Wirklichkeit geworden. Ein jeder Dichter und Denker kann ab sofort unter dem Motto „Record your ideas“ seine Ideen auf original UB-Papier zwischen zwei gelbleuchtenden Pappdeckeln für die Nachwelt konservieren. Während böse Zungen bereits das unter Schriftstellern verhasste Reizwort „Druckkostenzuschussverlag“ auf den Lippen haben, möchte ich viel lieber von individuellen Kleinstauflagen mit Unikatscharakter sprechen. Damit der Ausflug in geistige Höhen sofort beginnen kann, erschienen nun die formschönen Notizbücher im bewährten Reclam-Design zusammen mit einem gespitzten Bleistift in einem praktischen Pappschuber.
Dieses Blog wäre nicht dieses Blog, wenn sich der Autor nicht wieder einmal etwas ganz Besonderes für seine verehrte Leserschaft einfallen ließe. Unter allen Bloggern, die einen kleinen Beitrag über vergangene oder künftige gelbe Werke der Literatur verfassen oder einfach nur schreiben, warum sie so ein Ding ganz dringend benötigen (natürlich sind auch Kommentare unter diesem Beitrag willkommen), verlose ich insgesamt drei Exemplare dieser wunderbaren Notizbuchedition.
Mein Dank geht an Herrn Wolfgang Blum von blumprodukt, der das Notizbuch nicht nur für uns entworfen, sondern sich freundlicherweise auch bereiterklärt hat, die Bücher zur Verfügung zu stellen.
Nachtrag 02.09.2008: Soeben erreichte mich eine sehr freundliche E-Mail von Herrn Dr. Karl-Heinz Fallbacher, seines Zeichens Marketingleiter beim Verlag Philipp Reclam jun. Der Reclam-Verlag stellt ebenfalls noch einmal drei Exemplare des Notizbuches zur Verfügung, die ich unter allen Lesern, die etwas bloggen oder kommentieren, verlose. Einsendeschluss ist der kommende Sonntag. Vielen Dank auch für diese Unterstützung.
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