Rosenverkäufer

Rose

Ich laufe wie ein Trottel durch mein Leben
Und du bist nicht mehr da.
Na dann eben nicht.
Es ist nur schade um die schönen Rosen.

(Element of Crime)

Wir nannten ihn den Alten oder Psycho. Er trug einen riesigen Schnauzbart und meistens Pumphosen. Regelmäßig schickte man ihn zu Seminaren, in denen kooperative Personalführung vermittelt werden sollte. Es half alles nichts. Er grüßte morgens nie: nicht wenn er morgens das Büro betrat, nicht, wenn man gemeinsam mit ihm im Fahrstuhl zum Schafott fuhr. Auch sonst sprach er immer nur das Nötigste. Neben der Weisheit, dass man aus gequirlter Scheiße keine Sahne machen könne, beglückte er seine Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen mit seiner Rosenverkäufertheorie. Von wenigen Dingen war der Alte so sehr überzeugt wie von seiner Theorie, nach der alle nachts durch Kneipen ziehende Blumenhändler lediglich zu Tarnungszwecken mit Floristikprodukten handelten. In Wirklichkeit, so der Alte, seien das getarnte Drogendealer, die auf Zuruf eines geheimen Kennwortes harte Drogen feilböten. Das Kennwort allerdings hat uns der Alte nie verraten.

Jahre später sitze ich mit ihr in einer Kneipe in Mitte. Das Erscheinen des Rosenverkäufers ist unvermeidlich. Auf seine Frage „Wollen Sie eine Rose kaufen?“ raune ich ihm hinter vorgehaltener Hand das vermeintliche Kennwort „Oachkatzlschwoaf“ zu. Irritiert blickt er mich an und reicht mir eine Rose.  Er sagt er sei Dichter, zur Pflanze gehöre ein Gedicht und umgekehrt. Der Alte hatte damals Unrecht, denke ich, außer mit der Sahne. Nun blicke ich den Verkäufer irritiert an, während mich meine Begleitung mit schönsten Rehaugen anblickt. Sie kann das sehr gut. Lehne ich das Kaufangebot ab, so könnte man mir mangelnden Sinn für Romantik unterstellen. Greife ich beherzt zu, gelte ich als Trottel, der seiner Liebsten in Kneipen Rosen kauft. Wie ich mich auch entscheide: ich kann nur verlieren.

Und so erwerbe ich zum ersten Mal in meinem Leben in einer Kneipe eine Rose, die ich natürlich nur als Beilage zu zum lyrischen Werk des Händlers verstehen will, weil man ja bekanntlich in Kneipen niemals Rosen kauft. Erwartungsgemäß ist das Gedicht von minderer Güte und in Schankwirtschaften erworbene Rosengewächse welken schneller als die Liebe.

„Schweineleberwurst“, „Bierbike“, „Stadtarchiv“. Man muss es weiter probieren – aber keine Rosen mehr kaufen.

Görlitzer Park

Görlitzer Park, Berlin

Wir treffen uns im hässlichsten Park der Stadt. Überall lungern Männer herum, die mir Drogen verkaufen wollen. „Für mich heute keine Drogen“, entgegne ich freundlich, aber bestimmt, wenngleich die Aussicht auf einen goldenen Schuss auch heute nicht die Schlechteste wäre. Mein Bargeldbestand reicht allerdings nur noch für ein paar Flaschen Bier aus dem Späti.

Wir sind verabredet am Betonbach. Ich habe dieses Wort nie zuvor gehört, weiß aber sofort, was gemeint ist. Nichts bringt die Trostlosigkeit dieser Anlage mehr zum Ausdruck als dieses Gewässer, das nicht fließt, sondern tatsächlich ein schmaler Betonsee ist.

Die Sonne will nicht untergehen und gleißt beharrlich vor sich hin. Wir trinken Bier und Cremant und Bier und ein vorbeilaufender Hund beißt ein wenig auf dem halbrohen Fleisch herum, das auf unserem ausgegangenen Einweggrill liegt. Neben uns sitzende Menschen führen angestrengt Genderdebatten, während ich mit dem Fräulein zu meiner Linken Backrezepte austausche.