Etwas abseits der belebten Schanzenpiazza, wo Mädchen mit tellergroßen Sonnenbrillen bekleidet Milchkaffee aus Gläsern trinken, den sie Galão nennen, liegt an einer ruhigen kopfsteingepflasterten Straßenkreuzung das Café unter den Linden. Dort, wo ich in meiner Jugend den ersten Milchkaffee aus der Schale trank und den Übergang vom Speiseeis zum Kuchen meisterte, bin ich bis heute hängengeblieben. Am exzellenten Service kann es nicht liegen. Fast glücklich darf sich schätzen, wer die Gelegenheit erhält, eine Bestellung aufzugeben; eine Audienz beim Papst dürfte einfacher zu erlangen sein. Die Betreiber haben es geschafft, ausschließlich charmant-verpeilte Leute für ihre Servicecrew zu rekrutieren, denen man es allerdings kaum übelnehmen kann, übersehen zu werden oder genau das Gegenteil von dem, was man eigentlich bestellt hat, geliefert zu bekommen. Ganz sicher hat dies System, andernfalls wäre eine solche Homogenität und die Tatsache, dass sich auch der Servicenachwuchs perfekt in das Servicekonzept einpasst, nicht zu erklären. Ebenfalls zu monieren wäre, dass es dem Personal gelingt, den Innenraum, der sich im vorderen Teil durch einen 50er-Jahre-Eisdielen-Stil und im hinteren Teil durch gemütliche Lederbänke gekennzeichnet auszeichnet, meist mit nervraubender und unpassender Musik, oft elektronischer Art, zu beschallen.
Café unter den Linden
- Beitragsautor Von bosch
- Veröffentlichungsdatum 19. Juni 2007
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- Schlagwörter Essen und Trinken, Hamburg, Schanze



