Kino 2010

Kino 2010: Whatever Works, Alice im Wunderland, Schnupfen im Kopf, Boxhagener Platz, Inception, The Social Network, Ivory Tower, The American und vielleicht noch ein paar andere Filme, an die ich mich gerade nicht erinnern kann.

Das Schlechte am Kino: Reservierungspflicht, 3D-Quatsch; Menschen, die ihren Sitznachbarn die Pointen erläutern, zu lautstark Popcorn verzehren und unmittelbar zu Beginn des Abspanns hektisch von ihren Plätzen aufspringen, um sich direkt im Anschluss nach der Vorstellung verbal überschlagend und wild gestikulierend über den Film auszutauschen.

Das Gute am Kino: gemütliche Logenplätze mit Beinfreiheit, lokale Werbefilmchen, die Begleitung im Dunkeln küssen, Berlinale, roter Plüsch, Bier und Eiskonfekt, auch mal weinen dürfen, Recyclingtonnen für gebrauchte 3D-Brillen, gute Filme; Trailer, die Lust auf mehr machen.

Die Filme in diesem Jahr waren überwiegend ganz ordentlich; richtige Kracher waren jedoch eher nicht dabei. Auf slashfilm.com gibt es umfassendere eine Zusammenfassung des Kinojahrs: 270 Filme in 6 Minuten.

(In besserer Erinnerung sind mir lauschige DVD-Abende auf dem heimischen Sofa. Die vermisse ich.)

The Straight Story

Dieser Film hat alles, was ein guter Film braucht: eine entschleunigte Geschichte, weite Landschaften, wortkarge Menschen und einen Aufsitzrasenmäher.

Mehr als zehn Jahre brauchte es, bis „The Straigh Story“ von David Lynch zu mir fand. Ich bin froh, dass er es geschafft hat.

Achterbahn

Eigentlich mag ich keine Achterbahnen; dieses schnelle Auf und Ab bekommt mir nicht. Kino jedoch mag ich. Ganz ohne sich Zentrifugalkräften aussetzen zu müssen, kann man sich dort derzeit den Film „Achterbahn“ ansehen.

Regisseur Peter Dörfler zeigt in seinem  Dokumentarfilm das rasante Leben des Schaustellers Norbert Witte. Beginnend an der väterlichen Losbude hat sich der Protagonist im Laufe der Zeit zu einem anerkannten Mitglied der Schaustellergemeinde hochgearbeitet und besaß nach kurzer Zeit mehrere Fahrgeschäfte. Trotz großer Rückschläge – bei einem schweren Unfall mit seiner Achterbahn starben 1981 sieben Menschen – ging es immer weiter bergauf, bis er schließlich Anfang der neunziger Jahre den Vergnügungspark Plänterwald in Berlin-Treptow übernimmt. Wirtschaftlich erweist sich diese Unternehmung nicht als tragfähig, 2001 meldet Witte Insolvenz an. Kurz darauf setzt er sich mit zweistelligen Millionenschulden und einigen Fahrgeschäften nach Peru ab, doch auch hier scheitert er. Seine Frau trennt sich von ihm und kehrt nach Deutschland zurück. Um sich aus seiner finanziellen Misere zu befreien, betätigt er sich als Drogenkurier. Über 160 kg Kokain wollte Witte im Stahlgerüst eines „fliegende Teppichs“ von Peru nach Deutschland schummugeln – und wurde dabei gefasst. Während Norbert Witte im vergangenen Jahr vorzeitig aus der Haft entlassen wurde, sitzt sein von ihm zur Mittäterschaft am Drogenschmuggel angestifteter Sohn noch immer in Peru im Gefängnis.

Peter Dörfler zeigt eine interessante und rasante Lebensgeschichte. Der Film verliert sich jedoch an einigen Stellen zu sehr in Details. Immer wieder gelingt es dem durchaus sympathisch wirkenden, kriminellen Schausteller, der um keine Ausrede verlegen ist, den Zuschauer auf seine Seite zu ziehen. Beachtenswert ist jedoch, dass der Regisseur dieses Bild stets realativiert, indem genauso wiederkehrend auch die Sichtweisen von Zeitzeugen – allen voran Wittes geschiedener Frau Pia – ins Spiel bringt. Menschliches Scheitern wird schonungslos gezeigt, ohne jedoch dabei den Hautpdarsteller bloßzustellen. Lobenswert ist auch die stimmige musikalische Untermalung – insbesondere in der Schlussszene. Insgesamt handelt es sich bei „Achterbahn“ um einen sehenswerten Film, der sich angenehm von dem üblichen Kinoeinerlei abhebt.


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Der Knochenmann

Meine nicht näher zu bezeichnende Begleitperson, im Folgenden BP genannt, hatte nur wenig Freude an diesem Film. Ich hatte dies bereits vermutet, da BP Vegetarierin ist, und im Knochemann die Machenschaften eines Hendlwirts und der Gebrauch seiner Knochenmühle im Vordergrund stehen.

Da mich BP jedoch vor einiger Zeit in die Abba-Schmonzette „Mamma Mia“ verschleppte, empfand ich diese Revanche als durchaus angemessen: Eine Hochzeit, eine griechische Insel und ein schwedenpopsingender ehemaliger James-Bond-Darsteller waren zu viel für mich und bereiten mir noch nächtelang nach diesem cineastischen Desaster schweißgebadete Alpträume.

Ich bevorzuge die Verfilmung eines österreichischen Wolf-Haas-Krimis, der einmal mehr alle Vorurteile über die österreichische Seele glänzend zu bestätigen vermag. Anhänger von Donna Leon oder dem Großstadtrevier werden sich möglicherweise lieber „Mamma Mia“ ansehen, allen anderen sei der im Knochenmann ermittelnde Privatdetektiv Brenner wärmstens empfohlen: niemand schreibt so komisch-böse Krimis wie Wolf Haas und niemand guckt so wie Hauptdarsteller Josef Hader.

Warum letzterer allerdings nicht – wie angekündigt – zur Vorpremiere erschien, bleibt Enttäuschung und Rätsel zugleich.