Rainald Goetz zum 60.

Nun ist der auch schon 60. Ganz schön alt für eine, genauer gesagt, die Nachwuchshoffnung des Literaturbetriebes. Wir indes warten immer noch auf seinen ganz großen Wurf und schauen uns derweil das den kompletten Nimbus begründende Rasierklingenvideo in Endlosschleife an.

„Ah, Rainald Goetz lesen Sie. Sehr interessant. Ja, hat denn der mal wieder etwas Neues geschrieben?“, riefen mir unzählige, ebenfalls bereits schon in die Jahre gekommene Damen und Herren, entgegen, als ich unlängst in Cafés der Lektüre eines gut abgehangenen Schinkens frönte. Irre, das.

Viele Raves später, während andere den Zustand der Gegenwartsliteratur beklagten, verbrachte der Schrifsteller seine Zeit damit, Tag für Tag auf den Zuschauerbänken verschiedener Gerichtssäle zu sitzen, um aus geringer Distanz die Niedertracht des Kampfes um die Macht in seinem Hausverlag auf das Genaueste zu dokumentieren. Stoff genug für einen den Johann Holtrop in den Schatten stellenden Abriss von überhaupt allem. Don’t cry – work. Und wenn schon keiner mehr damit rechnet, wird irgendwann, fernab von Büchermessen das udolindenbergmäßige Auferstandenausruinenbuch kommen und alle, die jetzt an seinen literarischen Fähigkeiten zweifeln, werden es naturgemäß schon immer gewusst haben wollen. Hoffnung.

Rasierklingen zu Bleistiften. Herzlichen Glückwunsch zum 60., Rainald Goetz.

Barlach will Instagram

Hans Barlach, Bildhauer-Enkel und Minderheitsgesellschafter des Bilderdienstes Instagram greift nach der Macht. Per Gerichtsbeschluss ließ er Mark Zuckerberg von der Geschäftsführung abberufen. Er wirft Zuckerberg vor, seine Privatvilla in San Francisco teilweise durch die Veräußerung von Bilderrechten der Instagram-Nutzer an die Werbeindustrie finanziert zu haben. Barlach hat Zuckerberg unterdessen das Angebot unterbreitet, das Social Network vollständig zu übernehmen.

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Symbolfoto: Skandal-Poller

Die Streitigkeiten gehen zurück bis ins Jahr 2001. Damals erbte Mark Zuckerberg Instagram von seiner verschiedenen Frau, der erfolgreichen Galeristin Ulla Zuckerberg-Unhold. Nach Übernahme des Bilderdienstes durch den Witwer, selbst ein chronisch erfolgloser Fotograf mit dem Schwerpunkt Aura-Fotografie, verließen zahlreiche renommierte Künstler wie Henri Cartier-Bresson sowie Bernd und Hilla Becher aufgrund von Unstimmigkeiten nach jahrelanger Zusammenarbeit Instagram.

„Ich bin keine Finanzheuschrecke“, gibt Hans Barlach in einem Gespräch mit diesem Weblog zu verstehen, „aber man braucht heute Know-how im Handel mit Klimazertifikaten und Warentermingeschäften mit gentechnisch manipulierten Nahrungsmitteln, um im Wettbewerb mit global agierenden Foto-Plattformen wie EyeEm oder Tadaa bestehen zu können. Sonst endet man eines Tages so wie Flickr.“ Er könne nicht mit ansehen, wie Zuckerberg ein florierendes Netzwerk durch ständige Manipulation der Allgemeinen Geschäftsbedingungen so einfach zu Grunde gehen ließe, beschreibt Barlach die Motive seines Handels.

Was Barlach mit Instagram allerdings wirklich vorhat, ist auch Kennern der Branche ein Rätsel. Seit Wochen formiert sich in den Feuilletons der überregionalen Tageszeitungen ein massiver Widerstand gegen den Investor, der in seinem beruflichen Vorleben gelegentlich auf Flohmärkten antiquarische Diaprojektoren verkauft hat. „Hans Barlach hat keine Visionen“, sagt die Instagram-Fotografin Annie Leibowitz und wirft ihm im gleichen Atemzug vor, aus dem Unternehmen eine Schraubenfabrik machen zu wollen. Nachdem auch Starfotograf Juergen Teller mit seinem Weggang von Instagram drohte, sollte Barlach in die Geschäftsführung eintreten, wandte sich heute auch Martin Parr in einem Leitartikel gegen den Eindringling: „Eine Bilderplattform ist kein Musiklabel. Bilder sind keine beliebige Ware wie Musik. Dahinter stecken Fotografen. Das sollte dieser Emporkömmling von Steinmetz-Nachfahre endlich zur Kenntnis nehmen.“

Heute wurde bekannt, dass Mark Zuckerberg den erfolgreichen Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler zum Mediator bestellt hat. Er soll zwischen den zerstritten Parteien schlichten. Hans Barlach hat sich dazu noch nicht geäußert.

Deine Preise

Zum Ende eines jeden Jahres nach meinen Wünschen für das kommende gefragt, antworte ich regelmäßig: „Glück, Gesundheit, Friede auf Erden, wirtschaftlichen Aufschwung für alle und eine Neuerscheinung aus dem Nachlass Thomas Bernhards.“

Nachdem das Verlagshaus Suhrkamp in der jüngsten Vergangenheit ausschließlich durch seine Umzugspläne nach Berlin sowie das zweifelhafte Anliegen der Herausgabe einer eigenen Krimiserie von sich Reden machte, wird mir nun mein Herzenswunsch erfüllt. Zwar handelt es sich leider nicht um einen verschollenen großen Roman, aber immerhin um eine kurzweilige Sammlung von Prosatexten, in denen der vor ziemlich genau 20 Jahren verstorbene Schriftsteller auf die ihm verliehenen Literaturpreise zurückblickt.

An der Zeremonie der Preisverleihung selbst hatte der Autor „naturgemäß“ wenig Freude, aber seine vielen Häuser mussten irgendwie bezahlt werden. Prägnant wie selten bringt Bernhard die Sache auf den Punkt: „Nehme ich nicht das Geld, wird es einer Niete in den Rachen geworfen.“

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