Sharing Economy

Münzwaschautomat

Teilen von Dingen, die man nur selten benutzt, ist eine gute Sache. In unserem Mietshaus teilen die Nachbarn eine Waschmaschine im Keller. Um nicht auch noch die durch den Waschvorgang verursachten Energiekosten zu teilen, begleicht der Nutzer diese, indem er eine Münze in einen grauen Kasten einwirft. Geht alles gut, wird der für den Waschvorgang erforderliche benötigte elektrische Strom freigegeben.

Aber warum sollte es nicht gut gehen, mag sich der aufmerksame Leser an dieser Stelle fragen. Die Hausverwaltung scheint am Trend der Gamification von allem Möglichen Gefallen gefunden zu haben. So hat sie die wundersame Kombination aus Wäschewaschen und Glücksspiel erdacht. In der Praxis führt dies dazu, dass der Wäschewaschende in der Waschküche vor dem kleinen grauen Kasten steht und seine 1-Euro-Münze in einen kleinen Schlitz wirft. Ein komplizierter Algorithmus im inneren des Apparates entscheidet dann, ob der Stromkreislauf geschlossen wird oder eben nicht.

So wird jedes Wäschewaschen zu einem kleinen Casinobesuch. Die Menge an ausgeschütteten Glückshormonen nach einem erfolgreichen Münzeinwurf ist unermesslich. Vor allem, wenn es gleich beim ersten Versuch gelingt. Bei einem Misserfolg wird das Gehirn des Glückswäschers dergestalt getriggert, dass man geneigt ist, sein gesamtes Kleingeldvermögen in dem grauen Kasten zu versenken, um nur nicht den beschwerlichen Weg in den nahegelegenen Waschsalon antreten zu müssen. Wohl dem, der eine ausreichende Anzahl an Silbermünzen in der Hosentasche sein Eigen nennen darf.

Die Kombination aus Wäschewaschen und Glücksspiel ist genial. Einerseits das Bedürfnis nach sauberer Wäsche, andererseits der unbändige menschliche Spieltrieb. Für die Hausverwaltung gehört beides zusammen. Spornstreichs hat sie einen Thinktank ins Leben gerufen, um erforschen zu lassen, wie sich Wasch- und Glückspielsalons am profitabelsten fusionieren ließen und ob das Business besser als Waschglück oder Laundrothek an die Börse zu bringen sei. Bei jedem nervengekitzelten Waschvorgang erfreut mich der Gedanke an den Businessplan ein wenig. Vielleicht ist es aber doch ein ganz banaler Wackelkontakt.

Unsolidarische Raumnahme

Wäscheleine

Frau Bieber war, was man damals eine „alte Jungfer“ nannte. Gemeinsam mit ihrer ebenfalls schon sehr alten Schwester bewohnte sie eine Erdgeschosswohnung im Nebenhaus. Obwohl zu Beginn der 1980er Jahre alle Menschen bereits einen Farbfernseher besaßen, waren sie die letzten, die noch der alten Freizeitbeschäftigung des Aus-dem-Fenster-Schauens frönten.

Damals neigten die Menschen dazu, ihre gewaschene Kleidung zwecks Trocknung im Freien, drapiert auf langen Leinen, der Sonne und frischer Luft auszusetzen. Doch auch die längste Leine hatte ein Ende. Und so wurde der Zentimeter zu einem raren und bisweilen umkämpften Gut. Insbesondere, da sich Haushalte aus zwei Mietshäusern den Platz teilen mussten.

Frau Bieber neigte jedoch nicht nur zum Fensterausguck, sondern auch dazu, mit unlauteren Mitteln ihren Leinenplatz zu erweitern, indem sie die noch recht klammen Textilien ihrer Nachbarn eigenmächtig abhängte. P. duldete dieses Verhalten gemeinhin nicht. Als er Frau Bieber wieder einmal beim Abhängen fremder Wäsche erwischte, trug er die Alte einfach vom Wäscheplatz zurück in ihre Wohnung. So machte man das damals. Heute gibt es elektrische Wäschetrockner.

 

Alltägliche Zettelbotschaft

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Nach dem Aufstehen auf dem Tisch einen Zettel mit einem stilisierten Herzen darauf finden. Früher hätte durchaus die Möglichkeit bestanden, auf diesem die bis dahin unbekannte Telefonnummer des Menschen, mit dem man zuvor die Nacht verbracht hat, vorzufinden. Heute stand dort lediglich: „Bitte Wäsche waschen!“

Das ist auch okay so, denn was nützt alle Romantik, wenn die Oberbekleidung nach Bratfett und Schweiß stinkt? Ihr müsst auch mal wieder mit in den Alltag kommen.