Miniatur-Wunderland

Auf der Alm da gibt's koa Sünd

Ein Oval mit einem Durchmesser von etwa 1,5 Metern. Strom an: der Zug fährt. Strom aus: der Zug hält. Es war ein Güterzug im Maßstab 1:160, Spur N. Später kam noch ein Abstellgleis dazu. Obwohl ich mir als Kind immer eine Modellbahn gewünscht hatte, war die Euphorie schnell verflogen: Dieses ewige Zugkreisen führte doch zu nichts.

Irgendwo in der Hamburger Speicherstadt auf einem der vielen Berge hinter einen Gebüsch liegt ein Paar und vögelt. Ein Fotograf hält diese Szene im Bild fest, was wiederum von einem anderen Fotografen fotografiert wird. Der Fotograf im Maßstab 1:87 trägt eine blaue Jacke, während der Fotograf im Maßstab 1:1 mit einem schwarzen Pullover bekleidet ist. Letzterer bin ich.

Wenngleich mein Herz nie wirklich für das Modelleisenbahnwesen schlug, kann ich eine gewisse Entzückung ob der zahlreichen liebevoll gestalteten Details in der größten Modelleisenbahnanlage der Welt nicht verhehlen. Züge gibt es dort übrigens auch.

Der Knochenmann

Meine nicht näher zu bezeichnende Begleitperson, im Folgenden BP genannt, hatte nur wenig Freude an diesem Film. Ich hatte dies bereits vermutet, da BP Vegetarierin ist, und im Knochemann die Machenschaften eines Hendlwirts und der Gebrauch seiner Knochenmühle im Vordergrund stehen.

Da mich BP jedoch vor einiger Zeit in die Abba-Schmonzette „Mamma Mia“ verschleppte, empfand ich diese Revanche als durchaus angemessen: Eine Hochzeit, eine griechische Insel und ein schwedenpopsingender ehemaliger James-Bond-Darsteller waren zu viel für mich und bereiten mir noch nächtelang nach diesem cineastischen Desaster schweißgebadete Alpträume.

Ich bevorzuge die Verfilmung eines österreichischen Wolf-Haas-Krimis, der einmal mehr alle Vorurteile über die österreichische Seele glänzend zu bestätigen vermag. Anhänger von Donna Leon oder dem Großstadtrevier werden sich möglicherweise lieber „Mamma Mia“ ansehen, allen anderen sei der im Knochenmann ermittelnde Privatdetektiv Brenner wärmstens empfohlen: niemand schreibt so komisch-böse Krimis wie Wolf Haas und niemand guckt so wie Hauptdarsteller Josef Hader.

Warum letzterer allerdings nicht – wie angekündigt – zur Vorpremiere erschien, bleibt Enttäuschung und Rätsel zugleich.

Deine Preise

Zum Ende eines jeden Jahres nach meinen Wünschen für das kommende gefragt, antworte ich regelmäßig: „Glück, Gesundheit, Friede auf Erden, wirtschaftlichen Aufschwung für alle und eine Neuerscheinung aus dem Nachlass Thomas Bernhards.“

Nachdem das Verlagshaus Suhrkamp in der jüngsten Vergangenheit ausschließlich durch seine Umzugspläne nach Berlin sowie das zweifelhafte Anliegen der Herausgabe einer eigenen Krimiserie von sich Reden machte, wird mir nun mein Herzenswunsch erfüllt. Zwar handelt es sich leider nicht um einen verschollenen großen Roman, aber immerhin um eine kurzweilige Sammlung von Prosatexten, in denen der vor ziemlich genau 20 Jahren verstorbene Schriftsteller auf die ihm verliehenen Literaturpreise zurückblickt.

An der Zeremonie der Preisverleihung selbst hatte der Autor „naturgemäß“ wenig Freude, aber seine vielen Häuser mussten irgendwie bezahlt werden. Prägnant wie selten bringt Bernhard die Sache auf den Punkt: „Nehme ich nicht das Geld, wird es einer Niete in den Rachen geworfen.“

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Jetzt ganz neu: Café to go

Leicht ist es, mit Blick auf die sich unaufhaltsam ausbreitenden Coffee-Ketten,  den  Untergang der Kaffeehauskultur zu proklamieren. Welch zivilisierter Mensch sitzt nicht lieber im Café seines Vertrauens und trinkt seinen Cappuccino aus einer echten Tasse? Stattdessen finden wir an nahezu jeder Straßenecke einer jeden größeren Stadt die Niederlassung eines Bohnenkonzerns, der entweder nach einer Figur aus einem Walfängerroman oder einem französischen Dichter des 19. Jahrhunderts benannt ist. Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit bildet hier der Verkauf von Schnickschnacklattemacchiatos mit Sojamilch und Karamelgeschmack mit halber Fettdosis – am besten alles im Pappbecher zum Mitnehmen.

Abgesehen davon, dass der Kaffee aus der Kaffeebarkette geschmacklich häufig keinen Hochgenuss darstellt, ist, was auf den ersten Blick so praktisch erscheint, in Wirklichkeit kein Vergnügen: Der  Pappbecher ist zumeist so dünn, dass man ihn aufgrund des zu stark erhitzten Inhalts kaum anfassen kann, der aufgesetzte Deckel macht den Kaffeetrinker entweder zu einem alten Kind, das noch, oder zu einem jungen Greis, der schon aus der Schnabeltasse trinkt. Entfernt man den entwürdigenden Deckel, so rächt sich das physikalische Gesetz der Trägheit der Masse – und der Inhalt schwappt über.

All das ist selbstverständlich nicht neu, und ich will daher an dieser Stelle nicht weiter auf das bekannte Klagelied einstimmen. Stattdessen blicke ich nach vorn: Coffee to go war gestern – was kommt, ist das Café to go.  Noch hat sich diese Welle nicht durchgesetzt, aber schon bald werden wir nie wieder in einer fremden Stadt auf das vertraute Café mit dem hervorragenden Cappuccino, den leckeren hausgemachten Tartes, Kuchen und Quiches, der freundlichen Bedienung, der bewährten Auswahl an Tageszeitungen, der gepflegten Musik im Hintergrund  und den bekannten Gästen verzichten müssen. Das Lieblingscafé ist einfach immer dabei – ein Hoch auf das Café to go.