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ÖPNV-Kalamitäten

Kaktus

Der Busfahrer ist ein untersetzter junger Mann. Er trägt eine weinrote Filzkrawatte und hat einen zauseligen Kinnbart. Vergeblich wartend steht er an der Tram-Haltestelle und telefoniert mit der Leitstelle der Straßenbahn. Laut und deutlich erwähnt er dabei mehrfach die ihn eindeutig identifizierende Dienstnummer. Die Tram kommt nicht, was den Busfahrer erbost, weil er deshalb seinen Bus nicht rechtzeitig übernehmen kann. Später, in der sehr verspäteten Bahn sitzend, telefoniert er mit seiner eigenen Leitstelle. Wieder nennt er zuerst laut und deutlich seine Dienstnummer und entschuldigt sein offenbar wiederholtes Zuspätkommen. „Das Leben hat mich gefickt“, murmelt er in das Telefon. „Meine Alte poppt fremd und ich habe seit zwei Tagen nicht geschlafen.“ Dann erzählt er von Sekundenschlaf im Dienst und übermäßigem Kaffeekonsum und dass er sein Auto zu Schrott gefahren habe. Zusammengesackt sitzt er da, kein Häufchen Elend, sondern eher ein Achttausender. Man möchte nicht mit ihm tauschen.

Anschließend in der S-Bahn unterhalten sich zwei Studentinnen der Humanmedizin im Praktischen Jahr. Beide befassen sich gerade mit onkologischer Chirurgie. Entzückt erzählen sie einander ihre schönsten Karzinomausräumgeschichten. Dabei kichern sie. Man möchte nicht bei ihnen auf dem OP-Tisch liegen.

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