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Feuilleton

Der verlorene Satz

Der Schriftsteller brachte noch nie auch nur ein einziges Wort zu Papier. Stattdessen war er unablässig Verstört vom Unvermögen der Bernhardschen Romanfiguren. Irgendwann, als er wieder einmal von seiner andauernden Schlaflosigkeit heimgesucht wurde, kam ihm der erste Satz in den Sinn. Es war der perfekte Beginn für seinen Roman. Ein Satz, bei dem selbst Ilsebill das Nachsalzen vorübergehend stoppte. Normalerweise lagen für diesen Fall, den der Schriftsteller so lange schon herbeisehnte, Papier und Bleistift direkt neben ihm auf dem Nachttisch. Heute jedoch, da er sein Schreibzeug das erste Mal brauchte, lag es nicht dort. Als er endlich, an einem ganz anderen Ort, sein Schreibzeug gefunden hatte, stand im der Schweiß auf der Stirn. Der Satz, der alles ändern sollte, war ihm entfallen. So sehr er sich auch bemühte, die Worte kamen ihm nicht mehr in den Sinn. Fortan befiel ihn die Obsession, dass ihm jemand seinen Satz gestohlen haben könnte. Zwanghaft schlug er seitdem in Buchhandlungen und Bibliotheken sämtliche Bücher auf, nur um auf deren erste Seite nach seinem Satz zu suchen. Der Satz war für immer verloren.

7 Antworten auf „Der verlorene Satz“

Man raunt sich zu Ilsebill habe wegen zu viel Salz ins Gras(s) gebissen. Oder jage jetzt Wisents und Wollnashörner in Kasachstan. Irgendwo dort, in einer staubigen Höhle unterhalb eines Gipfels im Dsungarischen Alatau vermutet man auch „den Satz“, wie ich hörte.

@wikipippi: Danke, das kannte ich naturgemäß nicht. Für ein Lied oder ein paar Zeilen trägt das Thema „Schreibblockade“. Verstehe immer nicht, wie manche einen ganzen Roman daraus stricken können.

Besonders gut gefällt mir das Wort „Augenlieder“. Ist aber vielleicht auch nur der Transkription geschuldet.

ich kaufte soeben stephen king „das leben und das schreiben“. vielleicht finde ich da auch noch was passendes. ich ergänze dann gegebenenfalls. ein schöner erster satz hier aus kapitel 1, auch wenn er ilsebill nicht ganz das wasser reicht:

„Zu meinen frühesten Erinnerungen gehört die Vorstellung, jemand anders zu sein, genauer gesagt, der Kraftmensch aus dem Zirkus der Ringling Brothers.“

I like.

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