für G.P.
Sie sagt, ich schriebe auch nicht schlechter als die designierte Debütantin mit dem mangelhaften Sprachgefühl, auf deren Manuskript der Lektor gerade wartet. Also mache ich meine Aufwartung bei dem ehemals renommierten Verlag, der seine Immobilie und sein Archiv verscherbelt hat, um in die Hauptstadt zu ziehen, wo jetzt die Geistesmenschen, die zuvor nie auch nur eine Zeile zu Papier gebracht haben, unter der Ägide der das Lebenswerk ihres verstorbenen Mannes zugrunde richtenden Verlegerwitwe literarische Wunder wirken sollen. Ich komme nicht weiter als bis zum Pförtner. Ihm sage ich, dass sie, und genau so pflegte sie sich auszudrücken, es nicht länger mit ansehen könne, wie ich mein Talent mit Füßen trete, und ich daher beabsichtige, in diesem Verlag umgehend meinen ersten Roman zu veröffentlichen etc.
Der Pförtner, welchem derartige Auftritte nicht fremd zu sein scheinen, bittet routiniert um mein Manuskript. Ich gestehe ihm, dass naturgemäß auch ich bislang nichts als prosaische Fingerübungen, also reines Stückwerk zu Wege gebracht habe; dass dies aber kein Hindernis für ein fulminantes Romandebüt sein solle. Ganz im Vertrauen winke ich seinen Kopf ganz nah zu dem meinen heran und flüstere ihm ins Ohr: „Manchmal, wenn es regnet, stehe ich nackt auf dem Balkon und lese laut aus dem Werk von Rainald Goetz.“ (Hätte ich einen nur halbwegs passablen Agenten, ließe die Verlegerwitwe ohne zu zögern den Vertrag ausfertigen.)