Verhinderter Bärendienst: Horst Köhler kommt nicht an sein Ziel – und das ist auch gut so.


Photo: global jet

Der Präsident ist enttäuscht, gar zornig ist er. Er hat sein Ziel nicht erreicht. Nicht dass es an seiner unbegrenzt scheinenden Kompetenz oder gar an dem begrenzten Einfluss seines Amtes läge. Höhere Mächte hielten ihn davon ab, zu tun, was ein Mann in seiner Position tun muss. Also kann er heute keine Wortteppiche über sein Volk ausbreiten und auch keine Hände schütteln. Das einzige, was heute geschüttelt wird, ist das Haupt des Oberhauptes. Denn heute, er ist sich seiner ganz sicher, hätte er bestimmt seine persönliche Ruckrede gehalten, auf die alle schon so lange gewartet haben. Der Jubel seiner nun vergeblich auf ihn wartenden Untertanen und anwesenden Pressevertreter wäre ihm gewiss gewesen, und dem als kühl empfundenen obersten Repräsentanten unseres Staates wären die Herzen zugeflogen.

Dazu sollte es nicht kommen, denn der Präsident kommt nicht von der Stelle. Eigentlich sind es gar keine höheren Mächte, die ihn an der Ausübung seines Amtes hindern, sondern ein banaler Defekt an einer Maschine der Flugbereitschaft der Bundeswehr. Dieser verhindert sein Kommen zur Verleihung des Deutschen Umweltpreises.

Mit dem Flugzeug zur Verleihung eines Umweltpreises zu fliegen, so dachte sich das widerspenstige Flugzeug, ist genauso absurd, wie mit einem Panzer zur Verleihung eines Friedenspreises zu fahren, und verweigerte kurzerhand den bärendienstlichen Beförderungsbefehl aus Gewissensgründen.

Das Bundespräsidialamt hat mittlerweile die Konsequenzen aus dem Vorfall gezogen und teilte mit, dass der Präsident künftig verstärkt die Dienste der streikenden Lokführer in Anspruch nehmen werde, um seine Termine zu verpassen – der Umwelt zuliebe.

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Nachsatz: Ich bin natürlich auch für den Austausch der betagten Maschinen der Flugbereitschaft – bevor noch ein Volksvertreter vom Himmel fällt. Schließlich sind auch sie ein bewahrenswerter Teil der Schöpfung.

Fieberträume

FieberthermometerIm Moment habe ich das Gefühl, für die globale Erwärmung weitestgehend allein verantwortlich zu sein. Nicht die Abgase der Porsche Cayennes der Reichen und Schönen, sondern ausschließlich die unablässige Wärmeabstrahlung meines Leibes scheint unsere Mutter Erde geradewegs in eine verheerende Klimakatastrophe zu treiben. Seit nunmehr drei Tagen hüte ich geplagt von Fieber das Bett und gebe dabei kontinuierlich Wärme an die Atmosphäre ab. Den winzigen Rest meiner noch nicht verdampften Aufmerksamkeit fokussiere ich in Ermangelung vergleichbar anspruchloser Aktivitäten auf die Unterhaltungsform, die heute landläufig als Unterschichtenfernsehen bezeichnet wird.

Barbara Salesch wird auch nicht jünger, denke ich. Täglich zu verhandelnde Vergewaltigungs- und Tötungsdelikte von 14jährigen, die dieser Altersgruppe im wahrsten Sinne des Wortes in Fleisch und Blut übergegangen sind, haben in ihrem Gesicht unvermeidliche Spuren hinterlassen. Weitergeschaltet zu Britts Frühnachmittagstalkshow muss ich feststellen, dass offensichtlich alle anderen Jugendlichen, die gerade nicht als Angeklagte vor der Amtsrichterin stehen, sich mit ihren Sexualpartnern vor laufender Kamera über den Nachweis von Vaterschaften streiten. Im Fließbandtempo verkündigt die blondgefärbte Moderatorin Ergebnisse von genetischen Analysen nach internationalen Standards und scheint hierfür mittlerweile die Kapazitäten eines gesamten Labors für ihre Sendung zu beanspruchen. Die etwas älteren Semester unter den Heranwachsenden lassen entweder mal wieder bei Big Brother die Hosen runter oder zeigen dem interessierten Publikum, wie sie ihre Liebsten mit selbstzusammengerührten und -erhitzten kulinarischen Köstlichkeiten betören, obwohl ihren Körpern auf den ersten Blick anzusehen ist, dass sie sich normalerweise überwiegend von Fastfood ernähren. Die noch Übriggebliebenen lassen währenddessen gerade ihre unlösbar erscheinenden Probleme von einer vertrauensvollen Psychologin an einem Stehtisch klären. Manche lassen auch von Privatsendern ihre Sozialwohnungen renovieren, was dann stets mit rosa- oder lindgrüngestrichenen Wänden endet, oder sie zeigen der Welt, wie sie mit Kind und Kegel in eine solche Behausung umziehen, die dann in der Regel allerdings noch nicht frisch gestrichen ist. Beim Umzug geht mehrheitlich alles glatt. Schließlich gibt es in den Haushalten, die hier vorgeführt werden, kaum Bücher, von denen man zu viele in eine wenig stabile Kiste packen könnte.